Das Rad vor der Ölmühle in Hülben drehte sich wie zur Begrüßung der kleinen Gruppe um Klaus Käppeler, der zur ersten Etappe seiner diesjährigen Radtour eingeladen hatte. Auf seiner Informationsfahrt durch seinen Wahlkreis war der Landtagsabgeordnete der SPD und Mitglied im Ausschuss Ländlicher Raum und Landwirtschaft auch gleich auf eine kleine aber feine Besonderheit gestoßen: die Ölmühle in Hülben. Eine Rarität heutzutage – und doch ist es vielen noch gut in Erinnerung, als man “Buchele” sammelte und in die Ölmühle brachte, die es früher fast in jedem Ort gab. Hermann Röcker ist es zu verdanken, dass es eine solche Mühle heute noch in Hülben gibt.
Hier wird gesundes kalt gepresstes Öl hergestellt aus biologisch angebauten Grundstoffen, wie Sonnenblumenkernen, Leinsamen, Raps, Nüssen….Man kann die Herstellung verfolgen und ist erstaunt, wie gut das frisch gepresste Leinöl aus dem Hahn, direkt vom Finger geleck, schmeckt. Die Ölmühle in Hülben ist darüber hinaus ein begehrtes Demonstrationsobjekt, das jährlich von 40 – 45 Busreisegruppen besucht wird, die den Ausführungen des Besitzers folgen und mit Kaffee und Kuchen freundlich bewirtet werden. Hermann Röcker versteht sein derzeitiges Handwerk, er ist verwurzelt in seinem Hülben, kennt dessen spezielle Gechichte und die des Lebens auf der Schwäbischen Alb und weiß packend und eindrücklich davon zu erzählen, ohne jedoch seinen wachen Blick auf die Gegenwart auszublenden.
Und was er dazu zu sagen hat, darüber kann man nicht hinweggehen. So wie auch er nicht über die Stilllegung der benachbarten Sägerei, in der nun die Holzpalletten fertig aus Polen angeliefert werden. Röcker lässt den Blick zurückwandern zum Beginn des letzten Jahrhunderts, als eine blühende Holzwirtschaft in Urach Arbeitsplätze bot für die vielen Tagelöhner, die damals in Hülben ansässig waren. Hülben war eine Taglöhnergemeinde – kein Bauerndorf – der karge Boden gab das nicht her. Röcker selbst hat die letzten Jahrzehnte flexibel gelebt. Als Machinenbauer hat er die Zeichen der Zeit erkannt: Nach dem Krieg wurde langsam ein neues Produkt verlangt: Verpackung! Also entwickelte und konstruierte er Maschinen zur Herstellung von Verpackungsfolien, und viele der in der Gegend produzierten Kleidungsstücke legten ihren Weg zum Kunden in seinen Kleidersäcken zurück. Der Druck des Massenmarktes veranlasste ihn dann später, die Ölmühle seines Vaters zu reaktivieren und ganz im Trend der Zeit gesunde, reine, echte Öle zu pressen, die im Bio-Laden seiner Tochter an Ort und Stelle zusammen mit anderen hochwertigen biologischen Lebensmitteln und Produkten verkauft werden. In kleinem Rahmen – denn mit den Preisen der in Massen gefertigten Waren kann er nicht konkurrieren. Die Käppeler-Gruppe war beeindruckt von der Leistung Hermann Röckers, der bis heute geblieben ist, was er immer war: ein wacher und nachdenklicher Zeitgenosse, dem man so schnell nichts vormachen kann.
Über Grabenstetten, Hengen und Böhringen gelangte die Gruppe nach Zainingen, wo sie Bürgermeister Donth mit berechtigtem Stolz mit der Dorfsanierung bekannt machte. Der Charkter des Ortes bleibt bestehen, die Substanz der Häuser wird erhalten, durch Sanierung und Restaurierung werden Wohn- und Lebensqualität erhöht, durch den Abriss einiger Gebäude und veränderte Verkehrsführung wird mehr öffentlicher Raum für die Menschen geschaffen.
Vorletzte Station war dann die Dinkel-Mühle in Böhringen – eine weitere Besonderheit des Wahlkreises, wie der Vorstand der ‚Mühlengenossenschaft Römerstein‘ überzeugend erläuterte. Zusammen mit Bürgermeister Donth machten sie aus dem Rundgang durch die Mühle für die Besucher ein lehrreiches Erlebnis. Am Ende wusste man, was das Gold der Schwäbischen Alb ist: der Dinkel. Ein jahrtausende altes Getreide, lange vernachlässigt, erlebt in unserer Region eine Renaissance als ‚Schwäbisches Urkorn‘, das durch seine Anspruchslosigkeit auf kargen Böden bestens gedeiht.
Diese Neukultivierung des traditionellen Getreides verdanken wir der “Schwäbischer Albdinkel-GmbH”, die zusammen mit Vertragslandwirten der Region und der Römersteiner Mühle ein nachahmenswertes Modellprojekt realisiert, das von der Bundesinitiative “Region aktiv” und dem Land (Plenum) unterstützt wird und einzigartig zukunftsweisend ist: Kurze Wege vom Acker zur Mühle, von der Mühle zum Produzenten von Nudeln (ALB-GOLD) und Backwaren (Bäckerei Beck – BECKA BECK) und dann zum Käufer im Einzelhandel in unserer Gegend und nicht zuletzt im Mühleladen in Böhringen. Dieser transparente Weg funktioniert mit allen ökologischen und ökonomischen Vorteilen und im Sinne einer hohen Lebensmittelqualität- und er schafft Arbeitsplätze in der Region.
Was durch Eigeninitiative einzelner Bürger und Kooperation zwischen verschiedenen Erzeugerbereichen möglich ist, davon konnte sich der Landtagsabgeordnete und seine Mitradler/innen in der gastfreundlichen Atmosphäre der Mühle bei einem Vesper und sachkundiger Information überzeugen.
Am Ende traf man, wie schon bei der letzten Radtour, wieder beim Hüle-Hock in Hülben ein. Freundlich begrüßt von Bürgermeister Notter, erholte man sich bei Römersteiner Bier und “gegrillten Roten” in geselliger Runde.