Leserbrief von Frank Schröder

FDP-Landeschefin Birgit Homburger hat der grün-roten Landesregierung vorgeworfen, mit der Ablehnung des schweizerisch/deutschen Steuerabkommens im Bundesrat „Steuersünder frei zu sprechen“. Es drohe der „Verlust von Milliarden Euro Ansprüchen durch Verjährung“, ist der Presse – vor allem jener mit den großen Buchstaben – zu entnehmen. Die Landesregierung verzichte mit ihrer Blockade auf Einnahmen von rund 1,5 Milliarden Euro. Das sei an Verantwortungslosigkeit kaum noch zu überbieten.

Tatsächlich wird mit dem Nein des Bundesrats der jahrelange Streit zwischen Deutschland und der Schweiz wohl weitergehen, wenn der Vertrag jetzt im Vermittlungsausschuss beraten werden muss. Die Schweiz wird einer möglichen Einigung in dem Gremium dann wieder zustimmen müssen – Ausgang offen.

Und das ist gut so.

Ausgerechnet die FDP spricht von Verantwortung und schwingt sich nun also zur Hüterin von Solidarität und  Steuergerechtigkeit auf. Ausgerechnet die FDP. Sehenden Auges sorgt sie mit Ihrem Credo „Der freie Markt wird’s schon richten – so wenig staatliche Regelung wie möglich, dann geht es uns allen gut“ dafür, dass die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland immer größer wird. 950.000 Millionäre leben zwischen Ost- und Bodensee. Noch nie hatten wir so viele Millionäre in Deutschland – noch nie gab es aber auch so viele Menschen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Dem Deutschen Institut für Wirtschaftsförderung zufolge verfügt das reichste Zehntel der Deutschen sage und schreibe über mehr als zwei Drittel allen Vermögens – und umgekehrt. Zwei Drittel der Bevölkerung besitzen zusammen nur gut zehn Prozent des Vermögens. Das, liebe Frau Homburger, liebe FDP, ist schiere Ungerechtigkeit unter Ihrer Verantwortung – das ein Skandal.

Nicht, dass den Wohlhabenden ihr Vermögen nicht vergönnt sei. Gerade reichen Menschen, die mit ihrem Vermögen verantwortungsvoll umgehen, mit ihren Steuern dazu beitragen, dass wir über eine intakte Infrastruktur und einigermaßen bezahlbare Sicherungssysteme verfügen und die mit Innovation für Arbeitsplätze in Deutschland sorgen, gerade denjenigen sei ihr Wohlstand von Herzen gegönnt. Diese Staatsbürger im bestens Sinne halten sich an unser Grundgesetz, wonach laut Artikel 14 „Eigentum verpflichtet“.

Aber zur Wahrheit im schwarz-gelb regierten Deutschland gehört: Es gibt immer mehr Reiche, die den Hals nicht voll genug bekommen. Reiche, die mit irgendwelchen dubiosen new-economy-Luftnummern auf Kosten der Allgemeinheit Millionen über Millionen scheffeln – und die Banken mischen (und verdienen) kräftig mit. Und der freie, weil staatlich ungezügelte Markt, den die FDP so sehr liebt, macht’s möglich. Reiche – ohne irgendetwas für die Allgemeinheit zu tun – schaffen lustig ihr Geld unversteuert ins Ausland, vor allem in die benachbarten Steuerinseln Schweiz oder Liechtenstein. FDP-Mann Kubicki erklärte sogar öffentlich bei Günther Jauch, dass er selbst sein Geld im Ausland anlegt. Kubicki: „Das würde ich immer empfehlen, sich in Europa andere Banken zu suchen“ (siehe www.wallstreet.online.de). Unsere Straßen, Schienen, Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen, Altenheime, unsere Polizei, Feuerwehr, Notärzte oder den Erhalt von Umwelt und Natur – all das sollen also gefälligst "die anderen" finanzieren. Gemeint sind wohl die zwei Drittel mit den zehn Prozent Vermögen.

Wann sorgt Schwarz-Gelb endlich dafür, dass die Schweiz und die anderen Steuer-Oasen alle Steuerbetrüger und die hinterzogenen Summen rückwirkend und in Zukunft benennen? Wann werden endlich Spitzensteuersatz und Vermögenssteuer adäquat angeglichen? Auch wenn’s der FDP-Klientel nicht gefällt, die SPD-Länder werden das Steuerbetrüger-Begünstigungsabkommen hoffentlich weiter blockieren und möglichst viele Steuerhinterzieher-CD’s aufkaufen. Dann fließen nämlich deutlich mehr als „nur“ 1,5 Milliarden in unsere Steuerkassen.

Frank Schröder, Trochtelfingen, SPD-Vorsitzender Sonnenalb

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