Betr.: Gemeinschaftsschule

Endlich kommt mit der Gemeinschaftsschule nach jahrelangem Stillstand wieder Bewegung in die erstarrte Schullandschaft. Ich argumentiere vor dem Hintergrund meines eigenen Werdegangs: Grundschule an einer Einklassenschule, Gymnasium bis zum Abitur und zeitweise Gastschüler an der Waldorfschule, Student an einer Jena-Plan-Schule, Lehrer an Volksschulen, Weiterstudium an der Universität, Leiter einer Einklassen-schule, 24 Jahre lang Rektor an Grund- und Hauptschulen (darunter an einer Modellschule), Schulrat und zuletzt Hochschullehrer an der Pädagogischen Hochschule Weingarten.

In diesen vielen Jahren habe ich immer wieder erfahren, wie wichtig es ist, Kinder und Jugendliche individuell und differenziert zu unterrichten. Die viel zu frühe Aussortierung der Schüler nach Klasse 4 der Grund-schule in die 3 gängigen Schularten ist falsch, weil sie dort unter der Annahme unterrichtet werden, die Klasse sei homogen zusammen-gesetzt und man könne allen im gleichen Umfang und zeitgleich das-selbe Bildungsangebot vermitteln.

Die Gemeinschaftsschule ist nur die folgerichtige Weiterentwicklung, die leider sehr schnell vorangetrieben werden musste, um überhaupt etwas zu bewegen. Die "neue Lernkultur" ist gar nicht so neu, denn die  Konzeptionen greifen vielfach auf das Gedankengut der Reformpäda-gogik des letzten Jahrhunderts zurück: Lernen in Gruppen statt im Klassenverband, individuelle Förderung frei vom Notendruck, kein Sitzenbleiben, Wochenpläne, Helfersystem und vor allem Freude an der Arbeit stehen im Mittelpunkt. Schule wird unter diesen Perspektiven auch für die Lehrenden verschiedener Schularten wieder interessanter, wenn sie kooperieren, gemeinsam Gedanken austauschen, Ziele und Lern-wege erarbeiten und differenziert anbieten können.

Gemeinschaftsschulen könnten auch dazu beitragen, Schulen im ländlichen Raum zu erhalten. Die Schüler dürften  im Ort bleiben statt unnötige Fahrwege zu zentralen großen Schulen zurücklegen zu müssen. Die derzeit geforderte Zweizügigkeit wäre aber für kleinere Schulen nicht unbedingt notwendig.

Wer weiterhin am Dreigliedrigen Schulsystem festhält, hat nicht erkannt, welche Lehr- und Lern- und Arbeitsformen auch im Blick auf die dramatisch veränderte Medienwelt heute wichtig sind.

Und wer das alles nicht glauben will, sollte sich doch einmal schon bestehende Gemeinschaftsschulen oder andere Reformschulen ansehen und dabei feststellen, dass diese Schulform für viele Kinder und Jugendliche der richtige Weg ist.

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