REUTLINGEN (mw) – „Es gibt gute Argumente für den Standort Reutlingen, die ich dem Innenminister selbstverständlich auch vortragen werde“, sagte der SPD-Abgeordnete Nils Schmid vor rund 50 Vertretern von Kommunen und Polizei. Dass die Reform notwendig ist, bekräftigte Thomas Berger aus dem Innenministerium ebenso wie Leitender Polizeidirektor Franz Lutz, Chef der Polizeidirektion Reutlingen.
Die beiden SPD-Landtagsabgeordneten Nils Schmid (Wahlkreis Reutlingen) und Klaus Käppeler (Münsingen) hatten zum Dialog über die geplante Polizeistrukturreform im Land eingeladen. Gekommen waren rund 50 Verantwortliche aus dem Kreis Reutlingen, darunter Landrat Reumann, Oberbürgermeisterin Bosch aus Reutlingen, zahlreiche Bürgermeister und Vertreter fast aller Fraktionen aus Kreistag und Reutlinger Gemeinderat. Seitens der Polizei kamen hochrangige Vertreter der Polizeidirektion Reutlingen mit Kriminal- und Verkehrspolizei, die Leiter der Polizeireviere Reutlingen, Pfullingen, Metzingen und Münsingen sowie Vertreter des Personalrats und der Polizeigewerkschaften.
Zunächst erläuterte Thomas Berger, Leiter der Zentralstelle im baden-württembergischen Innenministerium und selbst aus dem Polizeidienst kommend, die Hintergründe der Reform. Die neue Landesregierung habe zum Ziel, die Polizeistruktur den neuen Herausforderungen der Kriminalitätsbekämpfung anzupassen, sie mit zeitgemäßer Technik auszustatten und zugleich die Präsenz der Polizei auf der Straße zu erhöhen. Da angesichts der Haushaltslage keine zusätzlichen Mittel und Stellen in Aussicht stünden, müsse man die Struktur anpassen. „Bislang ist die Polizei zu kleinteilig organisiert, dadurch gibt es zu viel Personal im Führungsbereich und in der Administration, die Unterschiede zwischen den einzelnen Polizeidirektionen in Bezug auf Größe, Leistungsfähigkeit und Flexibilität sind zu groß. Außerdem muss derzeit für 37 Polizeipräsidien bzw. Polizeidirektionen teure Leitstellentechnik vorgehalten werden. Daraus ergibt sich erhebliches Optimierungs-potenzial“ sagte Berger. „Wir haben deshalb eine Projektgruppe mit Fachleuten aus der Polizeipraxis ins Leben gerufen, die Vorschläge entwickelt hat. Die Reform kommt also aus der Polizei selbst heraus“, betonte Berger. Die Zusage des Finanzministers, dass die Effizienzgewinne in der Polizei verblieben, sei ein großes Zugeständnis und Anreiz zugleich. So kann beispielsweise das mit der Reform freigesetzte Personal zur Präsenzverstärkung eingesetzt werden.
„Warum löst man eine gut funktionierende Struktur auf“, war eine der Fragen aus den Reihen der Bürgermeister. Den hohen Sicherheitsstandard könne man nur noch aufgrund der unglaublich motivierten Mitarbeiter stemmen. „Spätestens wenn das Blaulicht angeht, schaut kein Polizist mehr auf seine Dienstzeit“, zollte Leitender Polizeidirektor Lutz seinen Beamten Respekt. Mit Einsatzfreude und Geschick komme man heute gerade noch so hin, für die Zukunft aber müsse mehr Personal für das Kerngeschäft zur Verfügung stehen. „Wenn wir jetzt nicht handeln, verschärft sich das Problem in den nächsten Jahren erheblich. Leidtragende sind dann die Bürger und die Polizisten“, warnte Lutz.
Oberbürgermeisterin Bosch machte sich stellvertretend für viele Kommunen im Kreis für ein künftiges Polizeipräsidium in der Region Neckar-Alb stark und verwies auf die gute Bilanz der PD Reutlingen einerseits und auf die Kooperationsbereitschaft der Stadt Reutlingen in puncto bauliche Erweiterung andererseits. Landrat Reumann appellierte, die gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen Polizei und kommunalen Einrichtungen, vor allem in der Prävention, unbedingt zu erhalten. Auch er plädierte dafür, den Standort Reutlingen als Polizeipräsidium zu erhalten.
Thomas Berger bekräftigte, eine Entscheidung über die Standorte und Zuschnitte der neuen Präsidien werde plangemäß erst kurz vor Ostern gefällt. Bisher sei nichts entschieden.
Nils Schmid versicherte, gemeinsam mit seinem Kollegen Klaus Käppeler im Innenministerium mit den guten Gründen, die für Reutlingen als Präsidiumsstandort sprechen, zu werben. Er unterstütze zudem, dass gewachsene Strukturen wie die der Region Neckar-Alb bei der Entscheidung über die künftigen räumlichen Zuschnitte der Präsidialbereiche berücksichtigt würden. Bei allem Verständnis für die lebhafte Diskussion der Standortfrage dürfe man aber die großen Chancen der Reform in der Debatte nicht vergessen: „Die Menschen im Land erwarten eine Polizei, die schnell und kompetent eingreift, wenn sie vor Ort gebraucht wird“, so der SPD-Abgeordnete.