Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
man merkt an der „Aktualität“ der heutigen Debatte, dass der FDP/DVP die Themen ausgehen.
Herr Wacker versucht einen Rundumschlag – und trifft dabei nur sich selbst.
Aber ich nutze natürlich gerne die Gelegenheit, ein weiteres Mal auf diesen historischen Erfolg der grün-roten Landesregierung hinzuweisen.
Mit der Verankerung der Ganztagsschule im Schulgesetz haben wir in kurzer Zeit etwas umgesetzt, wozu Schwarz-Gelb jahrzehntelang der Mut fehlte.
Vertreter der kommunalen Landesverbände, Herr Dr. Kern, loben die gemeinsame Vereinbarung und betonen:
„Dass vergleichbares mit schwarz-gelb niemals möglich gewesen wäre.“
Ich bemerke aber, dass die FDP seit ihrer Abwahl dem Thema Ganztagsschule eine neue Bedeutung beimisst. Herr Rülke beschreibt den Erkenntnisprozess seiner Fraktion mit den Worten: „Man habe den Ausbau der Ganztagsschule in der eigenen Regierungszeit verschlafen.“
Das gilt natürlich auch für die CDU.
Die heutige Debatte möchte ich zum Anlass nehmen, Herrn Dr. Timm Kern eine kleine, kostenlose Nachhilfe anzubieten.
Kostenlos deswegen, weil auch die Ganztagsschule kostenlos ist.
Nachhilfe, deshalb, weil die heutigen Ausführungen von Herrn Dr. Kern durchblicken lassen, dass es ihm trotz zahlloser Anläufe einfach nicht gelingen will, den rechtlichen Rahmen des Schulgesetztes vollumfänglich zu erfassen.
Sonst käme er nicht immer auf die gleichen, falschen Schlussfolgerungen, es gäbe einen Zwang zur Ganztagsschule, es gäbe keine Wahlfreiheit und es gäbe keine Flexibilität.
Eltern haben eine Wahlfreiheit, ob Sie ihr Kind an einer Ganztagsschule anmelden möchtenoder nicht. Einen Ganztagsschulzwang gibt es nicht.
Eltern entscheiden als Teil der Schulkonferenz, ob die Schule überhaupt ein Antrag auf Ganztagsbetrieb stellt. Die Stärkung der Eltern- und Schülervertretung in der Schulkonferenz ist, nebenbei bemerkt, auch ein Erfolg der grün –roten Landesregierung. Das hat Ihnen Frau Boser gerade eben auch schon gesagt.
Schulen können bei der Ausgestaltung ihres pädagogischen Konzeptes wählen.
Sie bestimmen den Umfang des Ganztagsangebots, und zwar sowohl die Zahl der Tage – drei oder vier – als auch den zeitlichen Umfang – sieben oder acht Stunde.
Schulen entscheiden über die Form des Ganztagsangebots. Und an dieser Stelle bitte genau zuhören, lieber Herr Dr. Kern, Schulen können zwischen der Ganztagsschule in Wahlform oder in verbindlichen Form wählen.
Wahlform bedeutet – wie an meiner Schule übrigens auch – dass ein verlässliches Ganztagsangebot organisiert wird, welches Eltern zu Beginn des Schuljahres für Ihr Kind wählen können, oder nicht.
Das Gesetz sieht zudem vor, dass Schulen sich für eine verbindliche Form der Ganztagsschule entscheiden können. Eltern können zum Zeitpunkt der Anmeldung entscheiden, ob sie diese Schule für ihr Kind wählen möchten oder nicht.
Ginge es nach den Vorstellungen der FDP, erhielten Eltern völlige Wahlfreiheit. Aber was bedeutet das für eine Schule, den Unterricht und für die Schulorganisation konkret?
Täglich würden Eltern ihre Kinder an- und abmelden, am besten auch noch samstags. Die Gruppengrößen würden ständig wechseln. Auf diese Informationen müssten der Lehrer, Gruppenleiter und die Mensa reagieren. Dadurch würde ein riesiger Organisationsaufwand verursacht.
Die Folge: Die Umsetzung eines Pädagogischen Konzepts mit hoher Qualität wäre unmöglich.
Mit anderen Worten:
Der FDP geht es eigentlich nur darum, Kinder zu betreuen oder sie aufzubewahren. Es geht ihr nicht um Qualität, nicht um Lernerfolge.
Das können sich dann wieder nur die Wohlhabenden mit teurer Nachhilfe leisten
Wir respektieren den Wunsch der Eltern und der Schule, wenn diese an dem bisherigen Angebot festhalten möchten. Deshalb halten wir an unserer Zusage fest, die Landesförderung der Betreuungsangebote dort aufrecht zu erhalten, wo es noch kein Ganztagsschulangebot gibt.
Wir, die SPD, stehen wir für einen Ausbau der Ganztagsschule sowohl im Grundschulbereich und in den kommenden Jahren auch im Bereich der weiterführenden Schulen. Jede Schule soll die Möglichkeit erhalten, sich zu einer Ganztagsschule weiterentwickeln zu können.
Niemand muss, jeder kann.
Entscheidend ist der Bedarf vor Ort! Und dieser ist groß. Ich bin daher überzeugt, dass die Zahl der Ganztagsschulen in den kommenden Jahren erheblich steigen wird.
Lieber Herr Kollege Dr. Kern – Sie haben in der zweiten Runde die Möglichkeit zum Besten zu geben, ob Sie etwas dazu gelernt haben und die Unterscheidungsmerkmale von Ganztagsschule in Wahlform und Ganztagsschule in verbindlichen Form nun wiedergeben können. Ich bin gespannt.
Aber kommen Sie mir nicht wieder mit Ihrem liberalen Lieblingswort „Freiheit“. Sie verwechseln dies zu oft mit Beliebigkeit!
Vielen Dank!