Abg. Klaus Käppeler SPD: Das ist ein guter Vorschlag. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kurtz, ich habe den Eindruck, dass Sie noch ganz viele Anträge stellen werden und wir darauf immer wieder die gleichen Antworten geben werden.
(Abg. Sabine Kurtz CDU: Vierzeiler!)
Das ist wie in der Pädagogik: Manches muss man mehrfach sagen, bis es ankommt. Oder: Die Wiederholung macht es.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Aber nicht bei der Frau Kurtz! Da schätze Sie sie falsch ein! – Gegenruf der Abg. Sabine Kurtz CDU: Danke schön!)
Es ist bereits angesprochen worden, dass unser Kultusminister am 15.Mai eine Regierungserklärung abgesprochen hat.
(Heiterkeit des Abg. Volker Schebesta CDU – Abg. Volker Schebesta CDU: Abgespult! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Mit dem Ministerpräsidenten abgesprochen!)
Ich will Ihnen ein paar Reaktionen aus der Presse dazu zitieren, die das deutlich machen. Wenn Sie uns nicht glauben, dann vielleicht der öffentlichen Meinung.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ja,ja,ja!)
Die „Badische Zeitung“ hat am Tag nach der Regierungserklärung geschrieben:
„Jeder der Zeitung liest weiß doch auch so, dass die Schule in Bewegung ist, vor allem deshalb in Bewegung ist, weil ihre Kundschaft schrumpft. Jede Regierung, egal welcher Farbe, muss darauf antworten, will sie ihren Amtseid ernstnehmen.“
Sie dürfen versichert sein, dass unsere Regierung diesen Amtseid ernst nimmt.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Glocke der Präsidentin)
Stellv. Präsidentin Brigitte Lösch: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abg. Kurtz?
Abg. Klaus Käppeler SPD: Ich habe noch gar nicht richtig angefangen. Sie darf sie dann am Schluss stellen. – Ich will erste einmal die Zahlen erläutern: Bei den Grundschulen wird die Schülerzahl von 2008 bis 2030 um 17% abnehmen, das heißt von 423 000 Schüler auf 351 000 Schüler. Bei den weiterführenden Schulen wird die Schülerzahl von 2008 bis 2030 um 22% von rund 700 000 Schülern auf 545 000 Schüler, sinken.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das haben wir alle schon lange gewusst!)
Und nichts gemacht, Herr Zimmermann.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sie wollten ja noch mehr!)
Ich gehe jetzt auf das Schulwahlverhalten ein: Von den derzeitigen 862 Haupt- und Werkrealschulen haben für das Schuljahr 2012/2013 – das ist das laufende, zu Ende gehende Schuljahr – hören Sie gut zu – 125 Schulen für die fünfte Klasse keine Schülerinnen und Schüler mehr, und 697 Schulen haben unter 40 Schülerinnen und Schüler gemeldet. 224 Schulen davon haben weniger als 16 Schülerinnen und Schüler in Klasse 5. Das ist das große Problem.
Wir wissen alle, dass im Bereich der Haupt- und Werkrealschulen nicht nur wegen des Wegfalls der verpflichtenden Grundschulempfehlung, sondern der Demografie die Schülerzahlen so dramatisch zurückgehen.
(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)
Die „Stuttgarter Zeitung“ schreibt deshalb:
„Das Programm ist notwendig. Aus finanziellen, aus demographischen und auch aus pädagogischen Gründen muss das Bildungssystem neu aufgestellt werden.“
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist das Deckmäntelchen!)
Deswegen gibt es den Handlungsbedarf, den Sie jetzt persönlich auch erkennen. Schön. Regionale Schulentwicklung kann helfen, aus pädagogischer Sicht zu kleine und immer kleiner werdende Schulen, in ihrer Gesamtheit dauerhaft und nicht finanzierbare Schulstandorte zu vermeiden. Genau das ist die Aufgabe. Die regionale Schulentwicklung wirkt damit einer nicht koordinierten und teilweise eher zufälligen Aufhebung einer Vielzahl von Schulstandorten entgegen.
Wenn Sie uns immer wieder vorwerfen, dieses Programm sei ein Schulschließungsprogramm, möchte ich Ihnen folgendes sagen: Die Zahl 40 ist perspektivisch, das heißt, in fünf, in zehn, in 20 Jahren sollen diese Schulen auch noch Bestand haben. Deswegen gilt für alle Schulen, die weniger als 16 Schüler haben, in dieses regionale Schulordnungsverfahren gehen müssen und unter Umständen geschlossen werden. Das geschieht aber nicht von heute auf morgen. Vielmehr laufen diese Schulen dann einfach aus, das heißt, Sie werden nicht von heute auf morgen geschlossen, sondern über die nächsten Jahre. Erst wenn keine Schüler mehr vorhanden sind, muss die Schule geschlossen werden.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Auch Grundschulen?)
Grundschulen sind von diesem Verfahren ausgenommen.
(Abg. Georg Wacker CDU: Bis 2016!)
Herr Zimmermann, Sie wissen aber auch, dass wir an Grundschulstandorten häufig schon die Klassen 1 und 2 und die Klassen 3 und 4 kombinieren. Wenn dort dann auch keine 16 Schüler ehr zusammenkommen, dann zucken Sie mit den Schultern, richtig?
(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)
Dann hat die Schule wenige Lehrer, dann reagiert nicht das Land sondern dann reagieren die dortigen Kommunen.
Zum Beschlussteil Ihres Antrags möchte ich Ihnen, da Sie dies auch entsprechend ausgeführt haben, noch sagen: Natürlich handelt es sich um keine starre Vorgabe, sondern das Ausnahmeregelprinzip gilt. Insbesondere im ländlichen Raum sollen alle Schulabschlüsse – die Betonung liegt auf Schulabschluss und nicht auf unterschiedliche Schularten – in zumutbarer Entfernung angeboten werden. Es braucht eine ordnende Hand. Es darf keinen Wildwuchs geben.
Ganz zum Schluss noch ein Zitat aus dem „Südkurier“ vom 16. Mai:
„CDU und FDP sahen dem Schulsterben mehr oder weniger hilflos zu. Jeder Versuch, die Hauptschule durch Umbau, Umetikettierung, oder „Qualitätsoffensiven“ zu retten, scheiterten.“
Die „Pforzheimer Zeitung“ schreibt:
„Stoch hat vorgelegt. Der Sozialdemokrat beweist Mut, nimmt Unpopuläres in Angriff.“
Vielen Dank!
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Glocke der Präsidentin)
Stellv. Präsidentin Brigitte Lösch: Herr Kollege Käppeler, gestatten Sie noch die Zwischenfrage der Abg. Kurtz?
Abg. Klaus Käppeler SPD: Nachdem meine Zeit abgelaufen ist, gern.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ihre Zeit ist abgelaufen!)
Meine Redezeit ist abgelaufen.
Abg. Sabine Kurtz CDU: Danke schön, Herr Kollege. – Ich möchte Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass zwischen dem Schuljahr 2004/2005 und 2011/2012 nahezu 400 Schulen geschlossen wurden, nämlich Grundschulen, Hauptschulen und Werkrealschulen.
(Abg. Daniel Andreas Lede Abdal GRÜNE: Durch wen?)
Ich möchte Sie weiterhin fragen, ob Sie da so viel Geschrei im Land gehört haben wie jetzt,
(Abg. Martin Rivoir SPD: Wer schreit denn? – Gegenruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Die Opposition!)
Und ob Sie mir zustimmen, dass auch wir auf das Problem des demografischen Wandels verantwortungsvoll eingegangen sind, dass wir die Maßnahmen sehr verantwortungsvoll und im Konsens mit den betroffenen Kommunen und Schulträgern geleistet haben.
(Abg. Georg Wacker CDU: Und das ohne Vorgabe von oben!)
Ich bitte, wenn Sie sich diese Zahlen einmal vor Augen führen, um Verständnis, dass wir den Vorwurf, wir hätten jahrelang nichts gemacht, nicht länger auf uns sitzen lassen wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU)
Abg. Klaus Käppeler SPD: Ich weiß nicht, wo Ihre Handlung war, wenn diese Schulen gestorben sind.
(Abg. Sabine Kurtz CDU: Sie sind nicht gestorben!)
Sie haben weder die Hand gehalten, noch haben sie Sternehilfe geleistet. Diese Schulen sind vielmehr ausgelaufen; das ist richtig. Dass es kein Geschrei gab, beweist, dass niemand aufgestanden ist, dass ganz selten nur einmal eine Bürgerinitiative aufgestanden ist, um eine Hauptschule zu retten. Sie stellen sich aber hierhin und sprechen immer noch vom differenzierten Schulsystem, das so, wie es ist, erhalten werden soll. Das wir in der Fläche nicht gehen.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Natürlich geht das!)
Frau Kurtz, auch Sie werden dies irgendwann einmal verstehen; da bin ich ganz sicher.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Sabine Kurtz CDU: Ich bin eben etwas langsamer!)