„Schwarze Kassen – weiße Westen?“ Mit dieser Frage eröffnete Klaus Käppeler, Mitglied des Landtags und Vorsitzender der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) einen interessanten Abend in Reutlingen unter dem Thema "Zukunft der Kommunalfinanzen" und begrüßte auch Sebastian Weigle, den SPD-Kreisvorsitzenden.
Oft gehe es viel weniger darum, Steuergesetze zu ändern, vielmehr könne den Kommunen schon ein gutes Stück dadurch weitergeholfen werden, dass die bestehenden Gesetze eingehalten würden. Jeder Euro, der hinterzogen oder jeder Euro Gewinn, der legal ins Ausland gebracht werde, erhöhe die Steuern für alle anderen Bürger, so Käppeler. „Aber auch jene, die keine Steuern an die Gemeinschaft bezahlen wollen, fahren auf unseren Straßen, schicken ihre Kinder in unsere Schulen und wollen hier sicher und in Frieden leben“ erläuterte der SPD-Landtagsabgeordnete. Nur bezahlen – so die Auffassung Mancher – sollen das alles "die Anderen".
Der Finanzpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagfraktion , Lothar Binding, stellte zunächst die Lage der Kommunen dar: Während die Kommunen in Deutschland 2012 einen Überschuss von 2,1 Milliarden verbuchen konnten, waren gleichzeitig mehr als 35 Milliarden Euro Kassenkredite (etwa vergleichbar mit dem Dispokredit privater Bankkunden) zu verzeichnen. Damit zeigte Binding die gravierenden strukturellen Verwerfungen. Einige Kommunen seien sehr "reich", andere wiederum extrem arm bzw. hoch verschuldet. „Solchen strukturellen Verwerfungen ist jedoch mit den üblichen Methoden bundespolitischer Finanzpolitik nicht zu begegnen“, so Binding. „Einige Kommunen sind noch nicht einmal in der Lage, die geringen Eigenmittel für eine Bundesförderung aufzubringen.“ Dafür sei allerdings im Koalitionsvertrag Vorsorge getroffen – ein schöner Erfolg der SPD in den Koalitionsverhandlungen. Noch gravierender sei die schwache Investitionsrate in den Kommunen, die sich kumuliert gegenüber 2001 inzwischen auf über 35 Milliarden Euro aufgestaut hat. Damit gingen auch Aufträge verloren. Für Handwerker, Dienstleistungsunternehmen aber auch für die Industrie. Solche Sparsamkeit falle einem jedoch irgendwann auf die Füße: Häufig kommt der Investitionsstau die Kommunen teurer zu stehen als eine zeitnahe Sanierung und rechtzeitige Neuinvestition. Ein Grundsatz, der dem Spardogma und dem Dogma in Berlin, auch jenen keine Steuern anzuheben, die es sich wirklich gut leisten könnten, entgegensteht.
Eine weitere Aufgabe ergäbe sich durch die enormen Lasten für soziale Leistungen, die sich inzwischen auf einem Schuldenstand von über 45 Milliarden Euro befänden. Hauptursache seien die Kosten für die Eingliederungshilfe für körperlich und geistig Behinderte, die stetig seit 1981 stiegen. Zusammenfassend stellte Binding fest, dass die kommunale Ebene bei der Erfüllung ihrer Aufgaben die Unterstützung vom Bund benötige.
Auch wenn sich in den Koalitionsverhandlungen in Berlin nicht alles von selbst verstanden habe, inzwischen gäbe es Vereinbarungen, die Kommunen durch die Übernahme der Grundsicherung in Höhe von 4 bis 5 Milliarden zu entlasten. In einer ähnlichen Dimension übernehme der Bund langfristig die Eingliederungshilfe. Außerdem wurde in den Koalitionsverhandlungen ein Programm gegen Gewinnverlagerung und aggressive Steuergestaltung vereinbart. Dies sei wichtig, weil viele Kommunen unter einer Gewerbesteuerschwäche nur deshalb leiden, weil die Unternehmen ihre Gewinne ins Ausland verlagerten und so den Kommunen die Steuer entgeht. „Damit“, so Binding abschließend, „sind aber nicht nur Amazon, Google oder Ikea gemeint, solche Praktiken sind inzwischen bis tief in den Mittelstand zu finden.“