Rede zur Zukunft der Realschulen

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen,

heute beraten wir in erster Lesung ein Gesetz, das sich mit einer Schulart befasst, die gerade uns Sozialdemokraten sehr am Herzen liegt – mit der Realschule. Auch wenn die Opposition versucht, der Öffentlichkeit mit Unwahrheiten das Gegenteil zu suggerieren.

(Abg. Karl Zimmermann, CDU: Ha!)

Die Realschule stellt seit Jahrzehnten eine tragende Größe unseres Schulsystems dar.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm, CDU: So ist es!)

Schon immer war die Realschule eine Schulart, die sich mit großer Heterogenität auseinandergesetzt hat. In den Klassen der Realschulen fanden sich neben den Schülerinnen und Schülern mit mittlerem Leistungsniveau immer auch jene, die es eigentlich auch aufs Gymnasium geschafft hätten – neben jenen, die gerade so der Empfehlung für die Hauptschule entkommen waren.

(Abg. Karl Zimmermann, CDU: Richtig!)

Zurückgehende Schülerzahlen und ein verändertes Schulwahlverhalten sorgen hier seit mehr als einem Jahrzehnt für weitere Veränderungen. Dies nehmen wir wahr und dies nehmen wir ernst. Und darum geben wir den Realschulen mit dem heutigen Gesetzentwurf das Rüstzeug, das sie brauchen, um diesen neuen Herausforderungen besser begegnen zu können.

Der Kultusminister hat bereits alle maßgeblichen Rahmendaten dieses Veränderungsprozesses genannt, ich muss daher an dieser Stelle nicht noch einmal auf alles eingehen.

(Glocke der Präsidentin)

Stellv. Präsidentin Brigitte Lösch: Herr Abgeordneter, gestatten sie eine Zwischenfrage des Abg. Wacker?

(Abg. Claus Schmiedel, SPD: Er hat doch noch gar nicht richtig begonnen! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Abg. Klaus Käppeler: Des Abgeordneten?

Stellv. Präsidentin Brigitte Lösch: Wacker.

(Abg. Georg Wacker, CDU: Hier bin ich.)

Abg. Klaus Käppeler: Wacker.Bitte.

Abg. Georg Wacker, CDU: Lieber Herr Kollege Käppeler, Sie haben eben gerade in Ihrer Rede betont, dass Ihnen die Realschule sehr am Herzen liegt. Meine konkrete Frage lautet, ob Sie sich folgender Aussage der GEW anschließen. Diese Aussage steht in der Ausgabe diesen Monats „Bildung und Wissenschaft“. Herr Erhard Korn schreibt in einem Bericht zu dieser Realschulreform, die jetzt ansteht – ich zitiere -: „Wirklich zukunftsfähige Möglichkeiten haben die Realschulen nur, wenn sie sich zu Gemeinschaftsschulen umwandeln,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm, CDU: Haja!)

Die nicht nur alle Abschlüsse anbieten, sondern auch das erforderliche pädagogische Instrumentarium entwickeln können. Gerade umgewandelte Realschulen sind als Gemeinschaftsschule für Eltern attraktiv und haben große Chancen eine gymnasiale Oberstufe anzubieten.“ Schließen Sie sich dieser Position der GEW an?

Abg. Klaus Käppeler: Lieber Herr Kollege Wacker,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm, CDU: Als GEW-Mitglied müssen Sie das! – Abg. Karl Zimmermann, CDU: Ja oder Nein?)

Zuerst dazu, was mir am Herzen liegt: Ich habe 27 Jahre lang an einer Schule unterrichtet, die eine Verbundschule – Haupt- und Realschule – war. Deswegen dürfen Sie mir abnehmen, dass mir die Schule am Herzen liegt.

(Abg. Georg Wacker, CDU: Das nehme ich Ihnen ab! Aber die Frage!)

Ich kenne Herrn Korn, und ich weiß, welche Positionen er vertritt. Ich teile sie in dem Umfang, wie Sie es jetzt vorgelesen haben, nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Georg Wacker, CDU: Okay! – Abg. Claus Schmiedel, SPD: Hat der ein Stimmrecht hier? – Gegenruf des Abg. Georg Wacker, CDU)

-ich würde gerne fortfahren- Wichtig ist mir jedoch, noch einmal Folgendes herauszustreichen: Wenn die Menschen in 50 Jahren darauf zurückblicken, welche Veränderungen die Sozialdemokraten und die Grünen in dieser Regierungszeit angestoßen haben,

(Abg. Karl Zimmermann, CDU: Daran erinnern  sie sich doch nicht mehr!)

dann wird ihnen vor allem eines ins Auge stechen: wir waren es, die der ewigen Aussortiererei der schwarz-gelben Vorgängerregierung ein Ende bereitet haben,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Thaddäus Kunzmann, CDU: Und Chaos hinterlassen haben! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm, CDU: Sie waren es, die die Realschulen abgeschafft haben!)

sei es das Sortieren in behinderte und nicht-behinderte Kinder, sei es das Sortieren in schwächere und stärkere Schüler

(Abg. Georg Wacker, CDU: Jetzt kommt wieder die Ideologie! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm, CDU: Leistungsdifferenzierung nennt man das!)

verbunden mit der jeweils passenden Stigmatisierung. Wir sind es, die mit Fürsorge auf die Kinder schauen, sie nicht in Schablonen pressen, sondern dort abholen, wo sie stehen. Oder wie es Kultusminister Andreas Stoch einmal formuliert hat: „Wir lassen kein Kind zurück!“

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Manfred Kern, GRÜNE – Abg. Claus Schmiedel, SPD: Die CDU hat viele Kinder zurückgelassen!)

Wir werden es sein, die alles daran setzen, neben der Säule des Gymnasiums in unserem Bildungssystem eine zweite, eine integrative Säule zu etablieren. In dieser Säule findet sich die Gemeinschaftsschule, und hier findet sich die weiterentwickelte Realschule.

(Abg. Karl Zimmermann, CDU: „Weiterentwickelt“! Also doch drei Säulen!)

Um die neuen Anforderungen bewältigen zu können, geben wir den Lehrerinnen und Lehrern an der Realschule einiges an die Hand: Die Poolstunden werden im kommenden Schuljahr auf sechs anwachsen – Sie erinnern sich sicher noch, wie viele es 2011 waren?

(Zuruf von der SPD: Gar keine! – Ag. Claus Schmiedel, SPD: Null!)

Die Zahl der Poolstunden wächst in den nächsten Jahren noch weiter auf,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm, CDU: Die braucht man auch bei dieser Heterogenität!)

bis im Schuljahr 2018/19 die Realschulen schließlich zehn Poolstunden haben – wie die anderen Schularten auch.

(Abg. Georg Wacker, CDU: Für die Hauptschüler!)

Jetzt wissen Sie, warum mein erster Satz dieser Rede stimmt: Uns liegen die Realschulen am Herzen!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Vor allem aber werden die Lehrerinnen und Lehrer ab dem kommenden Schuljahr mit zusätzlichen Fortbildungsmitteln auf die veränderten Lehr- und Lernbedingungen in heterogenen Gruppen vorbereitet. Damit nimmt die Schulentwicklung weiter Fahrt auf!
Seit Kultusminister Stoch die Eckpunkte zu diesem Gesetz im vergangenen November verkündet hat, wissen die Schulen, wohin die Reise geht.

(Zuruf des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Ganz kurz noch: Die 1300 Lehrer, die Sie, Herr Wacker, eingestellt haben – Sie haben das vorher genannt-, haben Sie in der mittelfristigen Finanzplanung nicht finanziert.
(Abg. Georg Wacker, CDU: Aber natürlich! – Gegenruf der Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei und Claus Schmiedel, SPD: Null!)

Wir haben dieses Geld in den Haushalt einstellen und diese 1300 Lehrer finanzieren müssen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD zur CDU: Wir bezahlen die, nicht Sie! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm, CDU: Sie wollten doch den Klassenteiler 25 damals!)

Noch ein Wort zu den nicht versetzten Realschülern: Zu Ihrer Regierungszeit waren es 6,5 %. Da frag ich Sie: Wo war Ihre Unterstützung?

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Stefan Fulst-Blei, SPD zur CDU: Dumm gelaufen! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm, CDU: 1300 Lehrer!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf führen wir unseren Weg in Richtung Chancengerechtigkeit konsequent fort. Wir nehmen die Herausforderung einer sich im steten Wandel befindlichen Gesellschaft an.

(Zurufe der CDU)

Nicht nur Willy Brandt wusste, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll.

Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Ortsumfahrung Grafenberg kommt – Rosemann MdB und Käppeler MdL begrüßen Baufreigabe des Bundes

Wie am Montag bekannt wurde, werden im Rahmen des Nachtragshaushalts des Bundes für das Jahr 2015 insgesamt 15 Straßenprojekte in Baden-Württemberg realisiert. „Es ist eine sehr gute Nachricht für die Bürgerinnen und Bürger in Grafenberg, dass nach jahrelanger Wartezeit endlich mit der Umsetzung der Ortsumfahrung begonnen werden kann“, so Rosemann und Käppeler. Dies sei ein großer Erfolg für die Bürgerschaft, aber auch für Bürgermeisterin Annette Bauer, ihren Vorgänger Holger Dembek sowie die örtliche Politik, die mit großem Engagement für den Neubau gekämpft hätten. „Die Realisierung der Ortsumfahrung bedeutet für die Menschen vor Ort nicht nur eine erhebliche Reduzierung der Lärm- und Feinstaubbelastung, sie biete für den Ort auch ein enormes Entwicklungspotential“, so Martin Rosemann.

Klaus Käppeler betonte, nach der Baufreigabe könne die ca. 8 Mio. Euro teure Baumaßnahme unverzüglich ausgeschrieben werden. „Von Seiten des Landes sind alle Voraussetzungen erfüllt gewesen, jetzt hat der Bund endlich nachgezogen.“ Mit dieser Maßnahme werde zudem eine leistungsfähige Verbindung zwischen den Zentren Reutlingen-Metzingen sowie Nürtingen gewährleistet, wovon die ganze Region profitiere.

Reden zur zweiten Lesung des Inklusionsgesetzes

Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen,

zu Beginn meiner Rede möchte ich Ihnen heute gerne ein Gedicht vorlesen, das der Bildungsausschuss auf seiner Reise nach Südtirol im Juni hören durfte:

Auf der Schaukel sitzt ein Kind.
Es kann nicht gehen,
es kann nicht stehen.
Es ist lahm und blind.
Es sitzt zum ersten Mal auf der Schaukel.
Aber es hat doch gar nichts davon, sagen die Leute,
das arme Kind ist lahm und blind!
Warum soll es nicht trotzdem schaukeln, fragt die Schwester.
Und das Kind schaukelt und lacht
und ruft ganz aufgeregt:
Ich spüre den Wind! Ich spüre den Wind!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute werden wir das Gesetz zur Inklusion an Schulen in Baden-Württemberg beschließen. Mit dem heutigen Tag erlangen alle Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in diesem Land das Recht auf inklusive Beschulung an einer Regelschule – mit anderen Worten: Mit dem heutigen Tag gehört die Sonderschulpflicht in diesem Land der Geschichte an.

Was bei uns viele Jahrzehnte gebraucht hat, und nur durch den Druck der UN-Behindertenrechtskonvention auf den Weg kam, ist in anderen Ländern längst Realität. Seit rund 40 Jahren bereits gibt es in Italien beispielsweise keine Sonderschulpflicht mehr. Dass und vor allem wie das funktioniert, davon konnte sich der Bildungsausschuss bei seiner Reise nach Südtirol im Juni überzeugen.

An dieser Stelle möchte ich die von der Opposition initiierte, beinahe möchte ich sagen: inszenierte öffentliche Anhörung ansprechen. Am Ende, als es an die Abstimmung zum Gesetz ging, da haben Sie nicht etwa gegen dieses Gesetz gestimmt, sondern Sie haben sich enthalten. Auch dies machte mir – zumindest bis gestern Abend – Hoffnung für die Zukunft: Es hatte den Anschein, wir wären uns darin einig, dass es nicht ohne Inklusion gehen kann.

Und – auch das kann nicht oft genug betont werden –: Inklusion ist eine Aufgabe für alle Schularten. Auch wenn Vertreter des Beamtenbundes immer wieder die Möglichkeit einer zieldifferenten Beschulung am Gymnasium in Frage stellen: Erst jüngst brachte eine Studie der Bertelsmannstiftung zutage, dass die Zufriedenheit jener Eltern, deren Kinder eine inklusive Schule besuchen höher ist als jene, deren Kinder eine Regelschule besuchen. Das betrifft sowohl Leistungsaspekte als auch Aspekte der Persönlichkeitsentwicklung der Kinder.

Die Studie zeigt jedoch auch, dass Zweifel und Vorurteile gegenüber Inklusion dann groß sind, wenn man Inklusion nicht oder nur vom Hörensagen kennt. Das heißt, wer Inklusion nicht erlebt hat, der ist skeptisch und hegt Zweifel daran, dass dieses Modell gelingen kann. Daher rate ich den Vertretern des Philologenverbandes dringend, sich dieser Aufgabe zu stellen, sich nicht weiter davor zu verschließen. Wer einmal erlebt hat, wie befruchtend Inklusion sein kann – für Lernende wie für Lehrende – für den führt kein Weg mehr zurück.

Nach dem heutigen Tage werden wir einen großen Schritt nach vorne gegangen sein: Inklusion wird nicht mehr grundsätzlich in Frage gestellt, es geht lediglich darum, wie sie am besten organisiert werden kann. Und wenn der Fokus künftig allein auf dieser Frage liegt, dann stehen wir am Anfang einer neuen Entwicklung, einer neuen Haltung gegenüber Menschen mit Behinderung.

Die Rückläufe aus der Anhörungsphase bestätigten uns in dieser Einschätzung. Alle gehörten Verbände begrüßen diesen ersten rechtlich verbindlichen Schritt in ein inklusives Schulsystem. Und wo noch Nachbesserung in der Ausgestaltung notwendig ist, werden wir dem nachkommen. So zeigte sich in einigen Gesprächen, dass die Regelungen, die hinsichtlich der Privatschulen getroffen werden müssen, noch nicht zufriedenstellend ausgestaltet sind. Wir sind bereits dabei, uns diesen Bereich nochmals genauer anzusehen und entsprechende Ergänzungen vorzunehmen. Unserem Entschließungsantrag dürfen Sie nachher gerne zustimmen!

Noch ein Wort zu der von der Opposition präferierten Form der Außenklasse: Sicher ist die Außenklasse ein Weg der Integration, die Inklusion anbahnen, Begegnung ermöglichen, Hürden abbauen kann. Wir werden diese Form auch weiterhin ermöglichen. Aber sie ist keine Inklusion! Wenn behinderte Kinder ein eigenes Klassenzimmer in der allgemeinen Schule haben, werden sie Teil der Schule. Aber erst wenn sie selbstverständlich Teil einer Klassengemeinschaft sind, können wir von Inklusion reden! Richard von Weizsäcker sagte einmal: „Was im Vorhinein nicht ausgegrenzt wird, muss hinterher auch nicht eingegliedert werden.“

Abschließend danke ich auch heute noch einmal ausdrücklich unserem Kultusminister Andreas Stoch. Dafür, mit welch innerer Überzeugung er sich hinter die Ausgestaltung dieses Gesetzes gemacht hat. Dass er sich die Zeit genommen hat, die er brauchte, um einen Gesetzestext vorzulegen, der beispielhaft ist – und sich nicht von den Rufen der Opposition drängen ließ.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was wir wollen, ist ein Gesetz, das hilft, dieses Land noch ein wenig lebenswerter zu machen, als es ohnehin schon ist. Wir wünschen uns, dass es dabei hilft, Schranken in den Köpfen einzureißen, das Denken und die Herzen weit zu machen. Ich erinnere mich an die Zeit, als ich Kind war. Damals sah man kaum Menschen mit Behinderung im Alltag, sie waren mehr oder weniger weggesperrt und damit unsichtbar. Dass dies nicht mehr so ist, dafür bin ich dankbar. Nun machen wir uns daran, diesen Menschen weiterhin den Weg zu bahnen in die Mitte unserer Gesellschaft, in unsere Schulen – damit jedes Kind, jede Schülerin und jeder Schüler schaukeln und lachen und den Wind spüren kann!

Vielen Dank!

Und auch in der zweiten Runde ergriff Klaus Käppeler das Wort:

Meine Damen und Herren von der Opposition. Die SPD-Fraktion wird heute sämtliche Ihrer 25 Anträge ablehnen. Denn wir empfinden diese als nicht ernstgemeintes Angebot. Wer am Vorabend der Plenarsitzung 25 Anträge einreicht, die fundamentale Änderungen und finanzielle Auswirkungen auf den Landeshaushalt hätten, aber keinen einzigen Deckungsvorschlag beifügt sowie keine fundierte rechtliche Bewertung zulässt, dem ist Effekthascherei wichtiger als seriöse Politik. Das heutige Thema hätte das Gegenteil verdient.

Wir halten die schiere Masse von 25 Anträgen, die sich in Teilen doppeln, manchmal auch widersprechen, für reinen Aktionismus und sinnbildlich für den Zustand der Opposition. Es ist der klägliche Versuch, sich mit populistischen und wohlfeilen Forderungen zu schmücken, um von der eigenen Konzeptlosigkeit abzulenken.

Aber so einfach werde ich es Ihnen nicht machen. Vielmehr möchte ich in der zweiten Runde die Gelegenheit nutzen, den einen oder anderen Antrag im Lichte der Vergangenheit zu beleuchten.

So möchte ich beispielhaft das heutige Oppositionsgehabe mit der Zeit Ihrer eigenen Regierungsverantwortung vergleichen. Grundlage meiner Vergleiche bieten jeweils die aktuellen Anträge und die Schulversuchsordnung aus dem Jahre 2010, die der damalige Ministerrat als Basis einer inklusiven Schulgesetzgebung vorgegeben hatte.

Heute fordert die CDU gleichwertige Lernbedingungen mit hoher Qualität, 2010 hieß es:

Es „kann im besonders begründeten Ausnahmefall im Rahmen der insgesamt zur Verfügung stehenden Lehrerwochenstunden die Bildung einer zusätzlichen Klasse genehmigt werden“.

2010 war von gleichwertigen Rahmenbedingungen keine Rede, nicht einmal der Klassenteiler wurde automatisch ausgelöst!

2.   Beispiel: Heute fordern CDU und FDP gleichberechtigte Teilhabe der Privatschulen und eine angemessene finanzielle Ausstattung.

2010 hieß dies recht unverbindlich: „Privatschulen können grundsätzlich am Schulversuch teilnehmen“- keine Rede von aktiver Einbindung und zum Thema Finanzierung auf S. 11 hieß es wörtlich- bitte genau zu hören:

Es „muss sichergestellt sein, dass die private allgemeine Schule keinen Zuschuss erhält. Der Träger der privaten allgemeinen Schule hat eine entsprechende Verzichtserklärung gegenüber dem Staatlichen Schulamt abzugeben.

Keinen Zuschuss, Verzichtserklärung – das bedeutete bei Ihnen vor 5 Jahren auskömmliche Ausstattung der Privatschulen!

3.   Beispiel: Heute fordert die CDU das Tandemprinzip an der allgemeinen Schule und eine stabile Unterrichtsversorgung an Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren.

Im Schulversuch – und das betraf immerhin den Bereich von 5 Staatlichen Schulämtern – haben Sie Sonderpädagogen aus den SBBZ abgezogen, keine zusätzlichen Lehrer eingestellt – auch nicht bei Ihrer berühmten Bildungsoffensive!

Diese wenigen Beispiele veranschaulichen die Art der Opposition, Stimmung gegen ein Gesetz zu machen, das schulrechtliche und finanzielle Zugeständnisse weit über die bisherigen Schulversuchsbestimmungen hinaus macht und die Kommunen eng einbindet.

Immer dann, wenn es um ernsthafte politische Verantwortung geht, ducken sich CDU und FDP weg. Das war damals bei der Ausgestaltung der Schulversuchsbedingungen so und das zeigt sich heute mit der Flut von Anträgen, die beliebig noch mehr fordern. So fordern Sie einen Ombudsmann, Elternlotsen in Stadt und Landkreisen und eine wissenschaftliche Evaluation. Das hätten Sie alles selbst machen können. Warum haben Sie es denn nicht?

Ihre Anträge atmen den Geist einer Pseudo-Inklusion. Diesen können und werden wir nicht zustimmen.

Ich möchte Sie daher abschließend nochmals zur Vernunft aufrufen und Ihnen anbieten, diesen historischen Moment mit uns zu teilen und die Abschaffung der Sonderschulpflicht als breiten gesellschaftlichen Konsens in die Schulgeschichte Baden-Württemberg einfließen zu lassen.

Vielen Dank!

Einbringung des Inklusionsgesetzes

Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen,

dies ist nicht die erste Schulgesetzänderung, die diese Landesregierung vollzieht. Und doch ist der heutige Tag ein ganz besonderer: Mit der Einbringung des heutigen Gesetzentwurfes wird die Sonderschulpflicht in Baden-Württemberg schon bald der Geschichte angehören. Mädchen und Jungen in unserem Bundesland werden die allgemeine Schule besuchen dürfen, auch wenn sie einen Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot haben. Sie werden nicht mehr länger aussortiert, wenn sie dies nicht wollen. Und wenn sie – oder ihre Eltern – sich doch für mehr Schonraum entscheiden und auch künftig lieber die Sonderschule besuchen, dann wird auch das möglich sein.

Die schulische Inklusion ist ein sehr wichtiger Bestandteil des Aktionsplans Inklusion. Diesen hat unsere Sozialministerin Katrin Altpeter bereits in der vergangenen Woche vorgestellt.

An dieser Stelle und gleich zu Beginn möchte ich all jenen danken, die mit ganzer Kraft und Überzeugung für dieses Gesetz gearbeitet, beinahe möchte ich sagen gekämpft haben: Zuvorderst unserem Kultusminister Andreas Stoch und dem SPD-Landesvorsitzenden und Finanzminister Nils Schmid. Der ehemaligen Stabsstelle im Kultusministerium, namentlich Norbert Zeller und Daniel Hager-Mann. Norbert Zeller war Inklusion ein Leben lang ein Herzensanliegen – persönlich und beruflich. Danke auch an Sönke Asmussen, Referatsleiter Sonderschulen und dem Chefjuristen des Kultusministeriums, Felix Ebert. Ganz besonders danke ich dem Behindertenbeauftragten des Landes Gerd Weimer, der für den Inklusionsgedanken geradezu brennt. Danken möchte ich auch den Mitstreitern im Staatlichen Schulamt Tübingen und den Sonderschulen in meinem Umfeld für ihre konstruktive Begleitung in den vergangenen Jahren. Last but not least danke ich schließlich unserem Koalitionspartner für die zielführende Zusammenarbeit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Gesetz ist ein Meilenstein in der Schulgeschichte unseres Bundeslandes. Und es macht mich stolz, dass ich als Mitglied einer Regierungsfraktion daran mitwirken durfte.

Es ist ein Meilenstein, auch weil damit mehr verbunden ist als die bloße Änderung des Schulgesetzes. Es ist ein Signal, das weit über den Bildungsbereich hinausgeht. Denn Inklusion ist eine Aufgabe für alle. Inklusion bedeutet, Berührungsängste abzubauen, alte Denkschablonen abzulegen, sich öffnen für Neues. Und es ist nicht der Endpunkt einer äußerst komplexen und in Teilen kontroversen Debatte um die Herausforderungen und Ansprüche an ein inklusives Schulsystem. Es ist ein erster notwendiger, rechtlicher Schritt, der nun mit Leben gefüllt sein will.

Es sollte jedoch nicht der Eindruck entstehen, dass wir erst am Anfang stehen. Nicht nur in den Modellregionen sondern im ganzen Land kommen Schulleitungen und mit ihnen die Lehrerinnen und Lehrer schon seit langem den Wünschen nach inklusiven Bildungsangeboten nach. Sie suchen pragmatische, unbürokratische Lösungen und sind gleichsam Pioniere der Inklusion. Durch das heute eingebrachte Gesetz wird dieses Tun gleichsam legalisiert und bekommt einen verbindlichen Rahmen, der größere Handlungsspielräume ermöglicht.

Wie kontrovers die Debatte bisweilen geführt wurde, zeigen die Positionen an beiden Enden des Inklusionsgedankens: Da steht auf der einen Seite der Philologenverband, der eine zieldifferente Beschulung am Gymnasium generell in Frage stellt. Demgegenüber positioniert sich beispielsweise die Elterninitiative Gemeinsam Leben – Gemeinsam Lernen mit ihrer Maximalforderung nach einer vollständigen Abschaffung des Sonderschulwesens. Doch wer mit Extremen hantiert, erweist dem Inklusionsgedanken einen Bärendienst: Niemals werden wir alle Kinder über einen Kamm scheren können.

Inklusion ist eine Aufgabe für ALLE Schularten! Wir möchten, dass alle Schulen sich von dieser gesellschaftspolitischen Frage angesprochen fühlen und nicht nur wenige Schwerpunktschulen die alleinige Verantwortung übernehmen. Ich kann es nachvollziehen, wenn für viele Schulen und Schulträger der Respekt vor dieser Aufgabe enorm ist. Dennoch möchte ich sie alle ermutigen, sich mit Inklusion zu beschäftigen, vor allem die Schulleitungen und die Lehrerinnen und Lehrer.

Letztere sind jene, die den Inklusionsgedanken Tag für Tag umsetzen und leben. Ich verspreche Ihnen, wir lassen Sie mit dieser großen Aufgabe nicht allein. Und ich bin sicher, dass durch die Reform der Lehrerbildung die Akzeptanz und das Selbstverständnis gegenüber diesem Thema wachsen werden.

Die Erfahrungen an meiner eigenen Schule bestärken mich darin: Als vor einigen Jahren die ersten Kinder mit Inklusionsbedarf bei uns anklopften, standen meine Kolleginnen und Kollegen dieser Aufgabe noch mit großem Respekt und eher skeptisch gegenüber. Gemeinsam mit der Förderschule und dem Staatlichen Schulamt haben wir dann aber nach Lösungen gesucht, wie Inklusion gelingen kann. An Assistenten und Sonderpädagogen im Unterricht mussten sie sich erst gewöhnen, stellten dann aber den Mehrwert für alle Kinder fest. Heute sind die Lehrerinnen und Lehrer nicht nur an meiner, sondern an vielen Schulen davon überzeugt, dass es nur diesen Schritt in die Zukunft, den Schritt in ein inklusives Schulwesen geben kann. Die Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf sind keine Last für die Klassen, sie sind eine Bereicherung.

Spätestens seit dem von der letzten Landesregierung eingeführten Schulversuch zur Inklusion wissen wir, dass es Inklusion aber nicht zum Nulltarif geben kann. Insofern bin ich der CDU für den Schulversuch beinahe „dankbar“: Er hat unmissverständlich vor Augen geführt, dass der Wunsch nach Inklusion mehr Personal und mittelfristig auch mehr Sach- und Investitionsmittel erfordert!

Den Inklusionsgedanken, der seitens der CDU-geführten Landesregierung vorherrschte, kann ich jedoch nur in Ansätzen nachvollziehen. Für uns ist es keine Frage, dass die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf zum Klassenteiler zählen!

Wir sehen auch die Notwendigkeit, zusätzliche Lehrkräfte einzustellen – das haben Sie schon von Minister Stoch gehört. In diesem Jahr waren es für die Umsetzung bereits 200 zusätzliche Stellen. In den kommenden Jahren werden weitere 200 pro Jahr hinzukommen und fortfolgend die Zahl weiter steigen.

Inklusion kann jedoch nicht gelingen, ein Inklusionsgesetz nicht verabschiedet werden ohne den Schulterschluss mit der kommunalen Seite. Einmal mehr ist es unserem Kultusminister gelungen, hier eine gemeinsame Grundlage zu erarbeiten: Nach der Regionalen Schulentwicklung und der Ganztagsschule nun die Inklusion. Andreas Stoch hat dies mit den Kommunalen Landesverbänden in nur wenigen Monaten geschafft – allerdings in harten Verhandlungen.

Bis zu 100 Millionen stellt das Land den Kommunen zunächst als Ersatzleistung für die kommenden Jahre in Aussicht. Sollte die Praxis zeigen, dass diese Mittel nicht ausreichen, ist ein weiterer Zuschlag bereits vereinbart. Für den Schulbau gilt Konnexität. Für die übrigen Felder wie Schülerbeförderung oder Eingliederungshilfe gilt die Zusage des Landes, dass bei einer Abweichung von mehr als 10 Prozent gegenüber den Ansätzen nachverhandelt werden kann.

An die Adresse der Schulträger sei gerichtet: Nicht an jeder Schule müssen bauliche Voraussetzungen für Inklusion geschaffen werden. Begleitung und ggf. Assistenz werden wir den Schulen jedoch nach Bedarf an die Hand geben, damit Inklusion gelingen kann.

Noch kann Niemand ganz genau sagen, wie sich die Inklusion im Land entwickeln wird. Diese Entwicklung ist maßgeblich verknüpft mit der Nachfrage nach inklusiven Schulangeboten seitens der Eltern. Im Schnitt zeigen die Modellregionen einen Wert von 28% aller Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Die Zukunft wird zeigen, ob dieser Wert der Realität entspricht. Angesichts dieser Unsicherheit ist es deshalb klug, die weitere Entwicklung zu evaluieren und 2018/19 Bilanz über erforderliche Nachbesserungen zu ziehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, abschließend will ich Ihnen verraten, dass es ein CDU-Abgeordneter war, der mir mit zwei Sätzen aus der Seele sprach. Hubert Hüppe – ehemaliger Beauftragter der Bundesregierung für Menschen mit Behinderung – Hubert Hüppe stellte unmissverständlich fest:

"Wer Inklusion will, sucht Wege. Wer sie nicht will, sucht Begründungen.“

Ich würde mir sehr wünschen, dass Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Opposition, sich ein Herz fassen und in der zweiten Lesung mit uns für dieses Gesetz stimmen. Die Welt bleibt nicht stehen, sie dreht sich weiter und all die Mädchen und Jungen mit Behinderung gehören in die Mitte dieser Gesellschaft – nicht an ihren Rand!

Vielen Dank!

Infostand

Auf Initiative des Kreisvorstandes wurde auf dem Samstagsmarkt an der Johannesbrücke in Hechingen ein Info-Stand aufgebaut. Trotz des herrlichen Wetters und der Anwesenheit von MdL Klaus Käppeler sowie des Kreisvorsitzenden Alexander Maute, war der Besucherandrang recht verhalten. Die wenigen Interessenten wurden jedoch, vor allem von Klaus Käppeler, kompetent informiert.