Stuttgart 21 entzweit unser Land. In unseren eigenen Reihen finden sich Befürworter wie Gegner. Unter den Parteien kommt deshalb wohl gerade uns die Aufgabe zu, eine Brücke zwischen diesen Lagern zu bauen.
Als SPD stehen wir mehrheitlich zum Projekt Stuttgart 21 und seinen großen Chancen. Allerdings: Kein Bauvorhaben, kein Infrastrukturprojekt ist es wert, dass eine Gesellschaft ihren inneren Zusammenhalt verliert. Was also können wir tun?
Wir ignorieren nicht die besondere Schärfe dieses Konflikts. Stuttgart 21 hat zwar die volle demokratische Legitimation, trotzdem mangelt es dem Projekt inzwischen bei einem zu großen Teil der Bevölkerung an der notwendigen Akzeptanz. Deshalb haben wir unsere Position überprüft – nicht zum Vorhaben an sich, sondern zu der Frage, ob den Menschen in unserem Land nicht doch noch die Chance gegeben werden muss, selbst abzustimmen.
Viele sprachen in den letzten Monaten von einem „Bürgerentscheid“. Juristisch aber schien es tatsächlich keine Möglichkeit mehr zu geben, die Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger über die Zukunft von Stuttgart 21 entscheiden zu lassen. Dieser Eindruck war falsch. Im Dialog mit Verfassungsrechtlern und anderen Juristen entwickelt die SPD derzeit einen rechtlich machbaren Weg zu einer landesweiten, verbindlichen Volksabstimmung.
Wie dieser konkret aussieht, erläutern wir im Internet: www.WarumSPD.de/S21
Ein Ausstieg aus Stuttgart 21 hat hohe Kosten zur Folge und bringt weitreichende Konsequenzen für die Verkehrsinfrastruktur in Baden-Württemberg. Die SPD will, dass sich die Menschen aus freien Stücken für Stuttgart 21 entscheiden. Oder sich, im Wissen um alle Konsequenzen, davon verabschieden. Das Ergebnis einer fairen Volksabstimmung werden alle akzeptieren – Befürworter wie Gegner des Projekts. Das ist der Konsens, den wir jetzt brauchen!
Wir fordern die noch amtierende CDU-FDP-Landesregierung auf, schnell den Weg zu einer Volksabstimmung frei zu machen. Gelingt dies nicht, werden wir noch einige Monate warten müssen – genauer gesagt bis zur Landtagswahl im März 2011 – um einen Volksentscheid auf den Weg zu bringen. Voraussetzung dafür ist dann eine rot-grüne Mehrheit im Stuttgarter Landtag. Die jüngsten Umfrageergebnisse zeigen, dass dies möglich ist (SPD und Grüne 48 % gegenüber CDU und FDP 43 %, FORSAUmfrage vom 01.09.2010).
Ich möchte die Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger in dieser Frage versöhnen und sie gemeinsam entscheiden lassen. Szenen aus den 70er und 80er Jahren, zum Beispiel aus Wyhl, von der „Startbahn West“ oder aus Wackersdorf, dürfen sich in Stuttgart nicht wiederholen. Zumal wir hier nicht über eine nukleare Wiederaufarbeitungsanlage streiten, sondern über einen Bahnhof. Also über die Zukunft des umweltfreundlichsten Verkehrsmittels überhaupt. Eine Volksabstimmung bringt uns wieder zusammen.
Dr. Nils Schmid
Vorsitzender der SPD Baden-Württemberg
siehe auch Artikel in der Süddeutschen Zeitung!
Weitere Informationen unter: http://www.volksabstimmung2011.de/s21