Zu Beginn der Mitgliederversammlung berichtete der Ortsvereinsvorsitzende Wolfgang Vöhringer über die Themen und Aktivitäten des vergangenen Jahres. Schwerpunkte in der Tätigkeit seien die Kommunal- und die Bundestagswahl gewesen. Die Ergebnisse der Kommunalwahl mit dem Wiedereinzug von zwei Genossen in den Gemeinderat wertete Vöhringer positiv. Die Zeiten für die SPD seien nicht gut gewesen, was sich dann auch in der Bundestagswahl zeigte. Leider habe die Partei sehr stark darunter leiden müssen, dass es nicht gelungen sei, zu verdeutlichen welche politischen SPD-Ziele den Kompromissen der großen Koalition zum Opfer fielen. Die negativen Auswirkungen habe die SPD jedoch voll abbekommen. Bei aller Loyalität einer gemeinsamen Regierung gegenüber, müsse eine Partei durchaus auch offen vertreten, was sie gerne durchgesetzt und bewirkt hätte – und das wäre wesentlich mehr und besseres gewesen.
„Kinder gestalten die Zukunft. Sie gestalten sie so gut, wie wir ihnen den Weg bereiten“, mit diesen Worten leitete Vöhringer zu einem mehr als unbefriedigenden Thema über, der Bildungspolitik des Landes. Durch die in der Sache falsche, dazu völlig unnötige Einführung der Werkrealschule seien die Kommunen, Lehrer, Eltern und Kinder in eine Diskussion gezogen worden, die einige Scherben hinterließ. Die Bildungspolitik des Landes Baden-Württemberg negiere die Erkenntnisse und Erfahrungen vieler anderer Länder, dass das 3-gliedrige Schulsystem in der jetzigen Form überholt und völlig ungeeignet sei. Es werde den Bedürfnissen der Kinder nicht gerecht und erbringe auch nicht die Bildung, die heute erforderlich ist. Dies zeigten die Pisa-Studien sowie die zunehmende Kritik aus Handwerk, Gewerbe und Industrie. Wenn Betriebe ihren Azubis Nachhilfe geben müssten, um ihnen eine anständige Ausbildung vermitteln zu können, habe die Schul- und Bildungspolitik versagt, kommentierte Vöhringer.
Danach berichtete Kassierer Eberhard Hallmann über den Verlauf des Haushaltsjahres und den Kassenstand. Der Ortsverein sei nicht gerade reich, aber das Geld reiche gut für die Aufgabenerledigung.
Die Mitglieder entlasteten den Vorsitzenden und den Kassierer einstimmig.
Susanne Müller, Horst Failenschmid und Wolfgang Kern sind in diesem Jahr 25 Jahre in der SPD. Das allein ist es der Partei schon Wert, ihnen eine Urkunde und eine Ehrennadel zukommen zu lassen. „Die reine Mitgliedschaft ist es aber nicht, die euch Drei auszeichnet“, so Vöhringer in seiner Würdigung. Jeder habe sich aktiv in die SPD und den Ortsverein eingebracht, ob als Gemeinderätin oder Gemeinderat, als Mitglied im Vorstand des Ortsvereins, bei der Organisation und Durchführung von Veranstaltungen. Der Grafenberger Ortsverein sei ein sehr lebendiger und dazu hätten die 3 Jubilare wesentlichen Anteil. Vöhringer bedankte sich im Namen der SPD und der Mitglieder des Ortsvereins bei allen sehr herzlich. Da Wolfgang Kern beruflich in China weilte, wird er „seinen Dank“ etwas später erhalten.
Der frühere Landtagsabgeordnete und jetzige Kandidat für dieses Amt, Klaus Käppeler, überbrachte den Dank der Kreis-SPD. Er betonte, wie wichtig es für eine Partei sei, dass aktiv gestaltet, diskutiert und auch gearbeitet wird. Die Jubilare verkörperten dies in auffälliger Weise. Bei ihnen habe er nicht in einer Mitgliederlisteliste nachschauen müssen, wer das sei, sondern sie seien aus vielen Jahren aktiver Parteiarbeit bekannt. „Bleibt der Partei treu, seid weiterhin so aktiv, dann sehe ich positiv in die Zukunft“, so der Schlusssatz von Käppeler.
In einem weiteren Tagesordnungspunkt kam er dann noch einmal zu Wort. In einem kurzen Impulsreferat stieß Klaus Käppeler die Diskussion zu ein paar wichtigen Themen, vor allem auch seiner politischen Arbeit, an.
Er sähe den Atomausstieg als einen ganz großen Erfolg der rot-grünen Regierung an, der jetzt systematisch von der CDU-FDP-Regierung dem Profitstreben der Atomlobby geopfert werde. Vor allem die FDP setze mit ihrer Politik Leben und Gesundheit fahrlässig aufs Spiel. Asse, Gorleben und weitere hilflose Versuche der Atommüllentsorgung zeigten doch deutlich auf, dass bisher kein einziges Problem der Atompolitik gelöst sei. „Die Sicherheit dieser Anlagen entsprächen nicht einmal der einer Frittenbude“, so Käppeler. Und verantwortlich für das Dilemma ist die frühere Umweltministerin Angela Merkel.
Selbst wenn man unterstelle, dass die deutschen AKW „derzeit sicher“ seien, gäbe es keinen vernünftigen Grund für die längeren Laufzeiten. Die jetzigen Laufzeiten basierten auf Absprachen und Verträgen mit der Atomindustrie und gewährleisteten das rechtzeitige Abschalten alter AKW, die Gewinnerzielung „moderner“ AKW und die Versorgung der Bevölkerung mit Strom. „Die Energieversorgung ist gesichert, auch wenn man die Verträge belässt wie sie sind“, so das Fazit von Klaus Käppeler.
Die Steuerzahler und Energiekunden sollten sich vielmehr fragen, wer die gesamten Kosten dieser CDU-FDP-Energiepolitik bezahlt. Die Energieunternehmen verdienten, die Steuerzahler kämen für die Folgekosten auf.“Wo sind die Rückstellungen der Atomindustrie für die Entsorgung und Endlagerung?“, eine Frage, die bisher unbeantwortet geblieben sei, so Käppeler.
Als Bildungspolitiker und Schulleiter im Hauptberuf, ging Klaus Käppeler natürlich auch auf die Entwicklungen in der Schulpolitik ein. Die Einführung der Werkrealschule lehne er ab, da sie kein wirklich besseres Angebot beinhalte. Hauptschule und 2-jährige Berufsfachschule seien heute schon die bessere Alternative. Das derzeitige Schulsystem in Baden-Württemberg treibe Eltern dazu, Entscheidungen für die Zukunft ihrer Kinder zu einem Zeitpunkt zu treffen, an dem die Kinder erst ihre Potenziale zu entwickeln beginnen. Eltern wollten zu Recht natürlich das Beste für ihre Kinder und überforderten sie häufig mit dem Wechsel von der Grundschule in eine Realschule oder auf das Gymnasium. Die Hauptschulempfehlung werde heut schon als Makel empfunden, wie viel schwieriger werde dies erst, wenn nun auch noch die Werkrealschule angeboten werde. Käppeler sprach sich eindeutig für ein Modell mit einer 6-jährigen Grundschule in einem Verbund mit den weiterführenden Schulen aus. Funktionierende Modelle gäbe es international und vor allem auch in Deutschland genug, man müsse nur wollen. Dieser Wille sei auch beim neuen Ministerpräsidenten Mappus nicht zu erkennen.
Die Diskussionsbeiträge und der lang anhaltende Beifall zeigten, dass die Mitglieder des Ortsvereins Grafenberg die Einschätzung von Klaus Käppeler teilten. Vöhringer dankte ihm herzlich und schloss die Veranstaltung.