Vom 13.09. – 19.09. besuchte der Ausschuss für Jugend, Schule und Sport in Kanada die Provinzen Ontario und Quebec.
Ziel des Fachprogramms war es, das Bildungssystem in Kanada kennen zu lernen. Dies bot sich aus mehreren Gründen an:
- Kanada lag bei der PISA Studie
nach Finnland auf Platz 2
- Die Bildungsangelegenheiten liegen
wie in der Bundesrepublik auf provinzialer Ebene
- Kanada muss viele Schülerinnen
und Schüler aus den unterschiedlichsten Nationen und Sprachen integrieren.
Das Bildungssystem Ontarios ist umfangreich reformiert worden. Neue Bildungsstandards, Evaluierungsbehörden und Lehrerbehörden wurden geschaffen mit dem Ziel, das gesamte Bildungsniveau zu standardisieren und durch entsprechende Evaluationen zu verbessern.
Das Bildungsministerium erstellt detaillierte Leistungsstandard, die die Schüler erbringen müssen – inklusive Kindergarten, der in Ontario zum Schulsystem gehört. Diese Standards werden vom Ministerium in regelmäßigen Abständen überprüft und angepasst.
Provinzweit werden in den Klassen 3, 6 und 9 Leistungstests in Lesefähigkeit sowie im mathematischen und naturwissenschaftlichen Wissen durchgeführt und veröffentlicht. Durch die Veröffentlichung der Prüfungsergebnisse entsteht ein Wettbewerb unter den Schulen mit dem Ziel, möglichst gut abzuschneiden.
Das Teachers College stellt Lehrerzertifikate aus und erteilt die Zulassung zum Lehrberuf. Lehrer in Ontario müssen ihr Lehrzertifikat alle 5 Jahre erneuern. Dabei muss nachgewiesen werden, dass man an einer bestimmten Zahl von Fortbildungsmaßnahmen teilgenommen hat. Das Teachers College trägt zur Verbesserung der Professionalität der Lehrertätigkeit, insbesondere im Hinblick auf diagnostische und methodische Kompetenz als Bestandteil systematischer Schulentwicklung bei.
Die Parkdale Public School im Westen Torontos hat 750 Schüler, die 80 verschiedene Staatsangehörigkeiten repräsentieren. In der Schule werden 60 verschiedene Muttersprachen gesprochen. Alle Schüler erhalten vom Schulsystem geförderte Sprach- und Integrationskurse, so dass alle Schüler das vorgegebne Bildungsniveau erreichen.
Die Shirley Street School hatte 250 Schüler, von denen ca. 55% seit weniger als zwei Jahren in Kanada sind. Die Delegationsmitglieder zeigten sich beeindruckt von der Hingabe und Begeisterung, mit der die Schulleiter und Lehrer von ihren Aufgaben berichten.
Ein Schwerpunkt der guten Frühförderung ist die Sprachförderung. 98 Prozent der Fünfjährigen nutzen das freiwillige und kostenlose Angebot. Von den Vierjährigen sind es nur 20 Prozent – aber nicht weil Eltern ihre Kinder noch nicht dorthin schicken wollen, sondern weil es nicht mehr Plätze gibt. Deshalb kommen vor allem Kinder aus sozial und wirtschaftlich schwachen Familien in den Genuss der Frühförderung. Ganztagsschule, Hausaufgabenhilfe, eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern bieten gute Lernbedingungen. Dieses Modell zahlt sich aus: Der Unterschied zwischen den besten und den schlechtesten Schülern ist viel kleiner als in Deutschland, Kinder aus Einwanderfamilien sind in Kanada erfolgreicher und landen seltener im Abseits.
„Ich denke, dass unser Erfolg auch darauf beruht, dass die Schüler nicht früh in Leistungsgruppen getrennt werden“, sagt Paul Cappon, Direktor der kanadischen Kultusministerkonferenz.
Nicht allein das Geld macht den Schulerfolg möglich, wenngleich Bildung als Schlüssel zum Erfolg gilt und der Staat 5,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in das Bildungswesen investiert. Zum Vergleich: In der Bundesrepublik sind es 4,7 Prozent.
Lehrer und Bildungspolitiker glauben daran, dass alle Kinder erfolgreich lernen können. Dass dies in kleinen Gruppen besser geht als in großen, wissen die Schulbehörden, deshalb sind in der ersten Grundschulklasse höchstens 20 Kinder. Je älter die Schüler sind, desto größer werden die Klassen. Erzieherinnen, Sozialpädagogen, Schulpsychologinnen und Eltern unterstützen die Schulen.
Ebenso wichtig ist der Respekt, den sich Schüler und Lehrer entgegenbringen. In der Eingangshalle der Sekundarschule Joseph-Francois Perreault in Québec mahnt ein Wandbild zur Toleranz. Auch hier lernen Jugendliche aus vielen Nationen gemeinsam. Sie bereiten sich aber nicht nur in ihren Fächern auf Studium oder Berufsleben vor, sondern lernen auch, Verantwortung zu übernehmen. Im Rahmen von Sozialprojekten unterstützen sie Jüngere bei den Hausaufgaben, begleiten Behinderte oder helfen bei der Essensausgabe für Obdachlose mit.