Vernachlässigung der Berufsschulen: Laupheim kein Einzelfall

STUTTGART/LAUPHEIM. (rei) Der SPD-Landtagsabgeordnete Klaus Käppeler (Zwiefalten) hat in Stuttgart eine Auswertung über die Unterrichtsversorgung an den Berufsschulen im Landkreis Biberach vorgelegt. Danach fällt nahezu jede zehnte Unterrichtsstunde an den kaufmännischen Schulen aus. Die Auswertung geht zurück auf eine große Anfrage der SPD-Landtagsfraktion zum Unterrichtsausfall an baden-württembergischen Schulen. Käppeler nahm auch Stellung zur Situation in Laupheim.

„Die Abweisung von Schülern an der Laupheimer Wirtschaftsschule ist zwar ein besonders krasser Fall, akuter Lehrermangel besteht aber auch an den meisten anderen beruflichen Schulen im Landkreis“, sagte Klaus Käppeler. Im Kreis Biberach betrage das durchschnittliche Unterrichtsdefizit an den kaufmännischen Schulen nach Angaben der Schulleitungen über acht Prozent. Überdurchschnittliche Fehlstunden gebe es im berufsbezogenen Theorieunterricht in den Fächern Datenverarbeitung und Computertechnik sowie im fachpraktischen Unterricht bei den Fächern Büroorganisation und Textverarbeitung.

An den gewerblichen Berufsschulen seien aufgrund fehlender Lehrerstellen und fachspezifischen Lehrermangels über sechs Prozent der Pflichtstunden gestrichen worden. Nach Angaben des Kultusministeriums komme dazu ein weiterer Unterrichtsausfall etwa wegen Krankheit oder Lehrerfortbildung von durchschnittlich 7,2 Prozent, der nur zur Hälfte durch Vertretungen aufgefangen werden könne.

„Die Berufsschulen sind eindeutig durch die Verweigerung neuer Stellenzuweisungen über Jahre benachteiligt worden“, fasste der SPD-Abgeordnete die Zahlen zusammen. Käppeler wies außerdem darauf hin, dass landesweit nahezu 26.000 Fehlstunden mit den zusätzlich anfallenden Krankheitsausfällen einen im Mittel über zehnprozentigen Unterrichtsausfall bedeuteten. Um die mehr als 1.000 Lehrerdeputate für den Pflichtunterricht aufzuholen, forderte Käppeler bei den neu geschaffenen Stellen und „Springer-Stellen“ einen Sonderzuschlag für das berufliche Schulwesen. „Eine Reduzierung der Pflichtstundenzahl an Berufsschulen, wie sie von Kultusministerin Schavan ins Spiel gebracht worden ist, erscheint vor dem Hintergrund der Ergebnisse der PISA-Studie unverantwortbar.“

Hauptschulen in BW

Die SPD-Landtagsfraktion macht sich große Sorgen um die Hauptschulen im Land. Neuester Anlass dazu ist die Antwort des Kultusministeriums auf eine Große Anfrage der SPD-Fraktion, derzufolge immer weniger Förder- und Stützunterricht für lernschwache Schüler sowie Vorbereitungskurse und -klassen für Migranten mit schlechten Deutschkenntnissen angeboten werden. Kultusministerin Schavan musste in ihrer Antwort auch einräumen, dass die Zahl der Unterrichtsstunden für das Erweiterte Bildungsangebot EBA – einst wichtiger Bestandteil des Profils der Hauptschule – und für Arbeitsgemeinschaften in den letzten zehn Jahren sogar halbiert wurden. Die Zahl der Stütz- und Förderkurse an Baden-Württembergs Hauptschulen sei zwar im vergangenen Jahr leicht angestiegen, im Vergleich zu früher jedoch deutlich verringert worden: von knapp 14.000 Kursen 1995/96 auf jetzt 8.690, eine Kürzung um rund 38 Prozent.

Die neuesten amtlichen Zahlen sind für den Hauptschulexperten der SPD-Landtagsfraktion, Klaus Käppeler, ein klarer Beweis dafür, dass die Landesregierung die Hauptschulen noch immer vernachlässigt.

Käppeler: „Sonntagsreden und Lippenbekenntnisse bringen die Hauptschulen im Land nicht voran. Statt den Hauptschulen zur Bewältigung ihrer schwieriger gewordenen Aufgaben die notwendigen Ressourcen und Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen, wird an ihnen gespart.“

Gerade die PISA-Studie habe aber aufgezeigt, dass schwache Schüler frühzeitig und gezielt mit Zusatzmaßnahmen gefördert werden müssen. „Wer wie Schavan Stütz- und Förderangebote sowie Arbeitsgemeinschaften zusammenstreicht, ist mitverantwortlich dafür, dass Schüler mit Lernschwächen den Anschluss verlieren“, so Klaus Käppeler.

Darüber hinaus warf der Abgeordnete der Landesregierung Doppelzüngigkeit vor: Das Argument der Kultusministerin, die Angebote seien zurückgefahren worden, weil der tatsächliche Förderbedarf gesunken sei, stehe im Widerspruch zu Forderungen der Landesregierung im Rahmen der Debatte um das Einwanderungsgesetz, der Bund solle sich finanziell stärker an den steigenden Kosten der Deutschkurse für Kinder aus dem Ausland beteiligen.

In die richtige Richtung dagegen gehe die Ankündigung der Landesregierung, Stundenkontingente sowie Diagnosetests in Klasse 5 und 6 der Hauptschulen einzuführen, sagt der SPD-Hauptschulexperte, das Problem des Förderbedarfs sei damit aber bei weitem nicht gelöst.

Die SPD-Fraktion fordert die Landesregierung auf, die desolate Unterrichtssituation an den Hauptschulen endlich zu beseitigen. Oberstes Ziel ist für die SPD, den Hauptschulen im Land in ausreichender Zahl Stundendeputate zur Verfügung zu stellen. Damit wären die Schulen auch in der Lage, die wichtigen Förderangebote im notwendigen Umfang anzubieten.