Rede zum Gesetz zur Verankerung der Ganztagsschule im Schulgesetz

Herr Präsident, / Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen,

es ist noch gar nicht so lange her, da konnte man von Seiten der damaligen Landesregierung zum Thema Ganztagsschulen Folgendes hören: „Die SPD will den Familien die Kinder wegnehmen und sozialistisch indoktrinieren.“ Das war während meiner ersten Legislaturperiode in diesem hohen Haus, also in den Jahren zwischen 2001 und 2006.

Damals hat im Bund Rot-Grün regiert und den Ländern Mittel zum Ausbau der Ganztagsbetreuung zur Verfügung gestellt. Am liebsten hätte die damalige Landesregierung das Geld  gar nicht angenommen – es handelte sich immerhin um einen stolzen Betrag von ca. 500 Millionen Euro. Widerwillig, meine Damen und Herren von der Opposition, hat Ihre ehemalige Kultusministerin – Frau Schavan – die Mittel dann doch freigegeben, jedoch nach dem Windhundprinzip und ohne pädagogisches Konzept – nicht aber ohne sich selbst daran zu bedienen:

Mit dem Geld wurde auch das Landesgymnasiums für Hochbegabte in Schwäbisch Gmünd, Modellschule in Baden-Württemberg seit 2004, finanziert.

Heute nun scheinen Sie zumindest die politische Notwendigkeit des Ganztagsschulausbaus erkannt zu haben. Jedenfalls hat Herr Rülke via Zeitungsinterview verkündet, dass man „das Thema verschlafen“ habe. Daher wäre nun eigentlich der Zeitpunkt gekommen, an dem Sie sich für die damaligen Diffamierungen entschuldigen könnten.

Ihr vorliegender Gesetzentwurf, liebe Kollegen der FDP-Fraktion, zeigt jedoch, wie heuchlerisch diese vermeintliche Einsicht ist. Ihnen geht es offenkundig nur darum, Kinder aufzubewahren. Natürlich ist ein wichtiger Aspekt, die gute Betreuung im vorschulischen Bereich weiterzuführen. Wir dürfen berufstätige Eltern mit Schuleintritt ihrer Kinder nicht ins Leere laufen lassen. Aber hierin darf sich Ganztagsschule nicht erschöpfen! Wer  tatsächlich möchte, dass an den hiesigen Schulen mehr Bildungsgerechtigkeit herrscht, der kommt ohne pädagogisches Konzept nicht aus.

Dazu gehören ganz selbstverständlich die Hausaufgabenbetreuung und die Förderung schwächerer Kinder, aber auch Zeiten zum Ausatmen, in denen die Kinder Kraft tanken können – ohne dass sie dabei alleingelassen wären – Rhythmisierung ist hier das Stichwort.
Wenn man Ihren Entwurf liest, könnte man jedoch glauben, Sie möchten an den Schulen eigentlich nichts ändern. Weiter im 45-Minuten-Takt, bis zu 10 Unterrichtsstunden an manchen Tagen.

Überhaupt glänzt Ihr Gesetzentwurf vor allem im Bereich des Ungefähren. Das, was Sie uns immer vorwerfen, vollführen Sie hier par excellence: Jeder darf alles, es gibt keine Vorgaben, keine Grenzen und vor allem: Es ist nichts durchfinanziert!

Sie machen eine Rechnung mit mehreren Unbekannten, wenn Sie beispielsweise keine Einschränkung im Sinne eines Haushaltsvorbehalts vorsehen: Für alle Schulen und Schularten besteht laut Ihres Entwurfs ein Anspruch auf Genehmigung. Konkrete Zahlen, was dies kosten und vor allem wie es finanziert werden soll, sucht man vergebens. Sie argumentieren einzig und allein mit der demographischen Rendite.

Unsere Minister Stoch und Schmid haben hier seriöser gearbeitet: Das Ganztagesprogramm wird vorbehaltlich der entsprechenden Mittel im Staatshaushaltsplan realisiert. Wir fahren auf Sicht, Sie im Nebel!

Und noch weitere Oberflächlichkeiten finden sich in Ihrem Gesetzentwurf:

–      Dass die Aufsicht beim Mittagessen der Schule – also dem Land – obliegt, wird ohne Ressourcenauswirkung dargestellt.

–      Sie wollen weitere Mittel für zusätzliches, also das bereits erwähnte auch ehrenamtliche Personal, zur Verfügung stellen. Auch das ist nicht in der Ressourcenberechnung dargestellt.

–      Sie verweisen auf Professor Klemm, der von einem 15-20 %igen Ausbau der Ganztagsschulen ausgeht. Schwarz-Gelb ging aber von einem Ausbau von 40 % der Schulen aus. Sie fallen also in Ihrem Gesetzentwurf deutlich hinter Ihre eigene Position zurück!

Im Gegenzug dazu werden wir den Schulversuch, unter dem einige Schulen schon seit 45 Jahren gelaufen sind, beenden. Vor diesem Hintergrund kann man schon ungeniert von einem historischen Schritt sprechen, Städtetagspräsidentin Barbara Bosch nannte es gar einen „Meilenstein in der Bildungspolitik“. Selbst der Gemeindetagspräsident und Christdemokrat Roger Kehle hat festgestellt, dass unsere Einigung mit den Kommunalen Landesverbänden mit der schwarz-gelben Vorgängerregierung nicht zustande gekommen wäre.

Wo Sie im Vagen bleiben, werden wir konkret und vor allem: Wir verbessern die Ausstattung der Schulen deutlich im Vergleich zur aktuellen Situation:

So hat beispielsweise eine Ganztagsgruppe, die an vier Tagen je acht Stunden an der Schule ist, bislang 8 zusätzliche Lehrerwochenstunden erhalten, künftig werden dies 12 sein. Hier haben wir Tatsachen geschaffen, mit denen die Schulen rechnen können.

Es wird nach wie vor eine verbindliche und eine Wahlform geben, die Schulen dürfen sich an drei oder vier Tagen, jeweils sieben oder acht Stunden täglich für das Ganztagsangebot entscheiden und pro genehmigter Gruppe gilt eine Mindestgröße von 25 Kindern. Da diese Gruppen auch klassenübergreifend gebildet werden können, stellt dies gleichsam eine Stärkung des Ländlichen Raums dar. Auch kleine Schulen wie meine eigene werden so in die Möglichkeit versetzt, Ganztagsbetreuung anbieten zu können.

Frech, das kann man zusammenfassend sagen, ist die FDP, das muss man ihr lassen. Jahrelang hat man von der FDP zum Thema Ganztagsschulen nichts gehört. Schon gar nicht, dass sie etwas anderes wollte als die CDU. Kaum in der Opposition, legt man aber mit großem Gebaren einen Gesetzentwurf vor, der vor allem eines suggerieren soll: „Seht her, wir waren schon immer dafür – liberal wie wir sind.“ Das ist bequem, zumal diese Gesetzesinitiative keine grundlegende Neuerung beinhaltet und mehr oder weniger elegant die Finanzierung ausklammert. Für die Schülerinnen und Schüler in diesem Land ist dies aber entschieden zu wenig und daher, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen.

Vielen Dank!

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Rede zur Aktuellen Debatte: Warum verschiebt die Landesregierung das Inklusionskonzept?

Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen!

als ich den Titel der Aktuellen Debatte gelesen habe, bin ich erst einmal erschrocken:

(Zurufe von der CDU: Och!)

Wir verschieben das Inklusionskonzept. – Aber dann fiel mir ein, was Sie vermutlich meinen: Wir verschieben die Schulgesetzänderung – ja, da haben Sie richtig gehört – nicht aber, und das ist ganz entscheidend, die Konzeptionierung, die Verabschiedung von Eckpunkten. Schauen wir uns einmal an, warum wir das Schulgesetz nicht wie geplant zum kommenden Schuljahr ändern können! Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, rühmen sich am laufenden Band, uns hier ein bestelltes Haus hinterlassen zu haben.

(Beifall bei der CDU und der FPD/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sehr richtig!)

Erst vergangene Woche ließ sich Frau Dr. Stolz mit den Worten zitieren, die Vorgängerregierung habe die Inklusion bestens vorbereitet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl – Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

Ich nehme an, Frau Dr. Stolz, Sie meinen hiermit die fünf Modellregionen, in denen Sie den Schulversuch zur Inklusion eingesetzt hatten.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Kollege Poreski hat dazu bereits einige Takte gesagt.

Der Abschlussbericht dieses Schulversuchs liegt uns jetzt vor. Leider ist er nicht mit Zahlen unterfüttert. Das heißt im Klartext, dass uns Ihr Schulversuch nicht die notwendigen Rahmendaten für anfallende Kosten geliefert hat. Inklusion – das sagen sie selber – kann es aber nicht zum Nulltarif geben.

(zurufe der SPD: Aha!)

Aus eigener Erfahrung und aus Gesprächen mit zahlreichen Schulleiterkollegen weiß ich, dass gerade in Modellregionen die zugewiesenen Lehrerstunden bei weitem nicht ausreichend waren. Leider –das ist das Versäumnis Ihrerseits –  ist all das bisher jedoch  nicht quantifizierbar.

Der Generalsekretär schließlich, liebe Kollegen von der FDP, fordert von uns, zügig einen Finanzierungsplan vorzulegen. Sie wissen genau so gut wie ich, dass hier eine Einigung erzielt werden muss, die behutsam und im Schulterschluss mit den kommunalen Landesverbänden erfolgt. Dies ist nicht unmöglich, das hat unser Kultusminister bei der Regionalen Schulentwicklung gezeigt. Aber das funktioniert ganz sicher nicht im Hau-Ruck-Verfahren und über die Köpfe der Beteiligten hinweg. Ein Verhandlungsergebnis wird nicht besser, indem ich meine Position durch Zeitdruck schwäche. Dass Sie es einmal mehr sind, die unsere Reformen kritisieren, Sie, die jahrzehntelang nach der Vogelstraußmentalität gelebt und sich weggeduckt haben vor der Regionalen Schulentwicklung, vor der Einführung der Ganztagsschule und vor der Umsetzung der Inklusion, dass ausgerechnet Sie, die nichts getan haben, uns die bloße Verschiebung eines Gesetzes vorwerfen, das ist schon beinahe schamlos.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wieso lesen Sie eigentlich so einen Schmarren ab?)

Durch die UN-Konvention hat sich der Druck auf die Kommunen erhöht, und wir haben vor zweieinhalb Jahren Passagen in unserem Koalitionsvertrag entsprechende verankert. Der Koalitionsvertrag ist entscheidend und nicht das Programm der Grünen.

Allein die Existenz dieses Vertrags hat übrigens seinerzeit die Beteiligten in eine Aufbruchsstimmung versetzt und schon im Vorfeld der Gesetzgebung für ein mutiges Mehr an Inklusion gesorgt. Wir nehmen den Auftrag, den der Bund von der UN bekommen hat, sehr ernst. In den für das kommende Frühjahr zugesagten Eckpunkten wird daher eine Vielzahl an bislang offenen Fragen geklärt werden. Es wird ein auf Beratung fußendes qualifiziertes Elternwahlrecht zwischen Sonder- und Regelschule geben. Inklusive Bildungsangebote werden dann aus pädagogischen aber auch aus organisatorischen Gründen in der Regel gruppenbezogen angeboten. Dies schließt im Einzelfall jedoch auch Einzel- oder Kleinstgruppeninklusion nicht aus. Der zieldifferente Unterricht soll für die Primarstufe und die Sekundarstufe I eingeführt werden. Wir werden die Sonderschulen nicht abschaffen und wir schaffen auch das Lehramt für Sonderpädagogik nicht ab.

(Beifall des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU : Bravo!)

Wir wissen, wie wichtig die Diagnostik ist und legen daher großen Wert auf die Fachlichkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vor allem aber werden wir die Pflicht zum Besuch der Sonderschule ablösen. Dieser letzte Satz, liebe Kolleginnen und Kollegen, zeigt, was in diesem Land eigentlich notwendig ist.  Die Inklusion muss in den Köpfen der Menschen ankommen. Es muss der Normalfall sein, dass Kinder ein sonderpädagogisches Bildungsangebot an der Regelschule bekommen und die Ausnahme muss sein, dass sie eine Sonderschule besuchen. Ein Gesetz ist hierfür notwendiges Vehikel, das den rechtlichen Rahmen schafft, durch den Inklusion möglich wird. Das Gesetz allein ist aber nicht Inklusion. Genau dies wollen Sie den Menschen jedoch weismachen!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Rede zum Antrag der CDU zur „Bestandgarantie für Realschulen“

Abg. Klaus Käppeler SPD: Frau Präsidentin, sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! „Kommt eine Bestandsgarantie für die Realschule?“ So lautet der plakative Titel des Antrags der CDU-Fraktion.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Der ist gut!)

Dieser ist entstanden im Gefolge einer Kampagne, bei der sich die Oppositionsfraktionen als Retter einer Schulart aufspielen, die niemand in Frage stellt und die schon gar nicht bedroht ist.

(Beifall bei der SPD und den Grünen-Abg. Karl Zimmermann CDU: Dann stimmen Sie doch mit uns ab!)

Eine Frage an Sie: Gibt es Bestandsgarantien für die anderen Schularten?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Alle weiterführenden Schulen sind Wahlschulen. Somit hängt es vom Wahlverhalten der Schülerinnen und Schüler bzw. deren Eltern ab, ob eine Schule weiterexistiert. Eine „Bestandsgarantie“ nutzt also nichts, wenn sich zu wenige Kinder anmelden. Das können Sie seit Jahren bei den Hauptschulen beobachten,  die still und heimlich und ohne öffentlichen Aufruhr von der Schulkarte des Landes verschwinden. Ihre jahrelangen Treueschwüre und Ihre Rettungsmanöver haben nicht geholfen, das Image und das Vertrauen in diese Schulart zu festigen. Es wurde mit den Füßen abgestimmt.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Nein! – Abg. Karl traub CDU: Das Gegenteil ist der Fall!)

Jetzt zur Realschule. Sie konnten es in der Stellungnahme der Landesregierung zum Beschlussteil nachlesen:

 „Eine Schließung von Realschulen ist derzeit nicht beabsichtigt!“

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Derzeit!)

Dieses „derzeit“ bezieht sich einzig und allein auf das kommende Gesetz zur regionalen Schulentwicklungsplanung.  Wenn eine Schule dauerhaft weniger als 40 Schüler in der Eingangsklasse hat oder wenn zwei Jahre hintereinander weniger als 16 Kinder angemeldet werden, dann wird diese Schule in die regionale Schulentwicklungsplanung einbezogen und ist durchaus von der Schließung bedroht.

Deswegen kann und wird es für keine schule eine „Bestandsgarantie“  geben.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Auch nicht für die Gemeinschaftsschule!)

In Ihrem Antrag betonen Sie vielfach, dass die Realschule „erfolgreich und bewährt“ sei. Als ob die Regierungsfraktionen dies in Abrede stellen würden. Auch wir wissen, dass die Realschule dort, wo es noch keine Gemeinschaftsschule gibt, nach wie vor die beliebteste Schulart ist.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Auch da, wo es sie gibt!)

Sie unterstellen, dass wir diese Schulart zerschlagen wollen, um sich selbst den Heiligenschein des Christophorus umzuhängen. Dabei ignorieren Sie wissentlich, dass gerade auch diese Schulart vor großen Veränderungen steht. Wenn das 2-Säulen Modell in welcher Form auch immer  – CDU-Fraktionsmodell  oder CDU-Landesmodell – in Rede steht, dann ist doch heute schon klar, dass es in dieser Schule Veränderungen geben muss. Wie sonst kann die Realschule den schwächeren Schülern gerecht werden?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: In dem sie Stunden zur Verfügung stellen!)

Ich glaube nicht, dass es sich eine Schule auf Dauer leisten kann, den Schwächeren mit Abschulung zu begegnen. Die Realschulen, die ich kenne, sind bereits auf dem Weg der individuellen Förderung. Die1,5 Stunden sind bereits angesprochen worden, Herr Röhm.

Dass für uns die Gemeinschaftsschule eine gute Alternative bietet, weil sie Heterogenität als Standard ansieht, wissen Sie zwischenzeitlich. Herr Wacker, sie haben das ja bereits frühzeitig erkannt – das soll nicht unerwähnt bleiben – und das Lehramt für Haupt- und Realschule zusammengelegt. Wer denkt da nicht sofort an das Zwei-Säulen-Modell?

Das bedeutet aber nicht, dass die Realschule vor dem Aus steht. Stillstand jedoch bedeutet Rückschritt. Dies gilt auch in der Bildungspolitik und für Parteien.

Der Kampf um Schüler ist längst entbrannt. Die demographische Entwicklung fordert ihre Opfer. Wo sind Ihre Antworten darauf? Keine Schulentwicklungsplanung. Gebetsmühlenartig betonen Sie: „alles ist gut, wir erhalten das dreigliedrige Schulsystem,

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Das vielgliedrige Schulsystem!)

weil es erfolgreich ist und sich bewährt hat. Das ist grob fahrlässig, weil dadurch keine geregelte Schulentwicklungsplanung zugunsten des ländlichen Raums geschieht,

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

sondern nach kapitalistischen Muster nach dem Motto: Die Großen fressen die Kleinen!

(Oh-Rufe von der CDU)

Mit der Gemeinschaftsschule gibt es auch für ländliche Räume eine Option, die Schule im Dorf zu behalten, zwar nicht überall, aber an mehr Standorten, als im CDU-Fraktions-Modell!

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Apropos CDU-Fraktionsmodell: Wir haben Verständnis dafür, dass Sie auf die Einladung unseres Landesvorsitzenden zu Friedensverhandlungen noch nicht antworten konnten

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Es gibt doch gar keinen Frieden!)

Offensichtlich muss zunächst intern geklärt werden, welches CDU-Modell das offizielle sein soll, ob sich also Herr Hauk oder Herr Strobl durchsetzen wird. Wir warten geduldig. Die weiße Fahne ist gehisst!

Niemand kann sich zurücklehnen und darauf setzen, dass es für ihn oder für sie eine „Bestandsgarantie“ gibt. Nichts ist so sicher wie der Wandel! Lieber Herr Wacker, als Staatssekretär hätten Sie diesen Antrag nicht gestellt! Wir werden Ihren Pseudo-Antrag ablehnen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Rede zur Schulentwicklungsplanung

Abg. Klaus Käppeler SPD: Das ist ein guter Vorschlag. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kurtz, ich habe den Eindruck, dass Sie noch ganz viele Anträge stellen werden und wir darauf immer wieder die gleichen Antworten geben werden.

(Abg. Sabine Kurtz CDU: Vierzeiler!)

Das ist wie in der Pädagogik: Manches muss man mehrfach sagen, bis es ankommt. Oder: Die Wiederholung macht es.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Aber nicht bei der Frau Kurtz! Da schätze Sie sie falsch ein! – Gegenruf der Abg. Sabine Kurtz CDU: Danke schön!)

Es ist bereits angesprochen worden, dass unser Kultusminister am 15.Mai eine Regierungserklärung abgesprochen hat.

(Heiterkeit des Abg. Volker Schebesta CDU – Abg. Volker Schebesta CDU: Abgespult! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Mit dem Ministerpräsidenten abgesprochen!)

Ich will Ihnen ein paar Reaktionen aus der Presse dazu zitieren, die das deutlich machen. Wenn Sie uns nicht glauben, dann vielleicht der öffentlichen Meinung.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ja,ja,ja!)

Die „Badische Zeitung“ hat am Tag nach der Regierungserklärung geschrieben:

 „Jeder der Zeitung liest weiß doch auch so, dass die Schule in Bewegung ist, vor allem deshalb in Bewegung ist, weil ihre Kundschaft schrumpft. Jede Regierung, egal welcher Farbe, muss darauf antworten, will sie ihren Amtseid ernstnehmen.“

Sie dürfen versichert sein, dass unsere Regierung diesen Amtseid ernst nimmt.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Glocke der Präsidentin)

Stellv. Präsidentin Brigitte Lösch: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abg. Kurtz?

Abg. Klaus Käppeler SPD: Ich habe noch gar nicht richtig angefangen. Sie darf sie dann am Schluss stellen. – Ich will erste einmal die Zahlen erläutern: Bei den Grundschulen wird die Schülerzahl von 2008 bis 2030 um 17% abnehmen, das heißt von 423 000 Schüler auf 351 000 Schüler. Bei den weiterführenden Schulen wird die Schülerzahl von 2008 bis 2030 um 22% von rund 700 000 Schülern auf 545 000 Schüler, sinken.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das haben wir alle schon lange gewusst!)

Und nichts gemacht, Herr Zimmermann.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sie wollten ja noch mehr!)

Ich gehe jetzt auf das Schulwahlverhalten ein: Von den derzeitigen 862 Haupt- und Werkrealschulen haben für das Schuljahr 2012/2013 – das ist das laufende, zu Ende gehende Schuljahr – hören Sie gut zu – 125 Schulen für die fünfte Klasse keine Schülerinnen und Schüler mehr, und 697 Schulen haben unter 40 Schülerinnen und Schüler gemeldet. 224 Schulen davon haben weniger als 16 Schülerinnen und Schüler in Klasse 5. Das ist das große Problem.

Wir wissen alle, dass im Bereich der Haupt- und Werkrealschulen nicht nur wegen des Wegfalls der verpflichtenden Grundschulempfehlung, sondern der Demografie die Schülerzahlen so dramatisch zurückgehen.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Die „Stuttgarter Zeitung“ schreibt deshalb:

„Das Programm ist notwendig. Aus finanziellen, aus demographischen und auch aus pädagogischen Gründen muss das Bildungssystem neu aufgestellt werden.“

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist das Deckmäntelchen!)

Deswegen gibt es den Handlungsbedarf, den Sie jetzt persönlich auch erkennen. Schön. Regionale Schulentwicklung kann helfen, aus pädagogischer Sicht zu kleine und immer kleiner werdende Schulen, in ihrer Gesamtheit dauerhaft und nicht finanzierbare Schulstandorte zu vermeiden. Genau das ist die Aufgabe. Die regionale Schulentwicklung wirkt damit einer nicht koordinierten und teilweise eher zufälligen Aufhebung einer Vielzahl von Schulstandorten entgegen.

Wenn Sie uns immer wieder vorwerfen, dieses Programm sei ein Schulschließungsprogramm, möchte ich Ihnen folgendes sagen: Die Zahl 40 ist perspektivisch, das heißt, in fünf, in zehn, in 20 Jahren sollen diese Schulen auch noch Bestand haben. Deswegen gilt für alle Schulen, die weniger als 16 Schüler haben, in dieses regionale Schulordnungsverfahren gehen müssen und unter Umständen geschlossen werden. Das geschieht aber nicht von heute auf morgen. Vielmehr laufen diese Schulen dann einfach aus, das heißt, Sie werden nicht von heute auf morgen geschlossen, sondern über die nächsten Jahre. Erst wenn keine Schüler mehr vorhanden sind, muss die Schule geschlossen werden.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Auch Grundschulen?)

Grundschulen sind von diesem Verfahren ausgenommen.

(Abg. Georg Wacker CDU: Bis 2016!)

Herr Zimmermann, Sie wissen aber auch, dass wir an Grundschulstandorten häufig schon die Klassen 1 und 2 und die Klassen 3 und 4 kombinieren. Wenn dort dann  auch keine 16 Schüler ehr zusammenkommen, dann zucken Sie mit den Schultern, richtig?

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Dann hat die Schule wenige Lehrer, dann reagiert nicht das Land sondern dann reagieren die dortigen Kommunen.
Zum Beschlussteil Ihres Antrags möchte ich Ihnen, da Sie dies auch entsprechend ausgeführt haben, noch sagen: Natürlich handelt es sich um keine starre Vorgabe, sondern das Ausnahmeregelprinzip gilt. Insbesondere im ländlichen Raum sollen alle Schulabschlüsse – die Betonung liegt auf Schulabschluss und nicht auf unterschiedliche Schularten – in zumutbarer Entfernung angeboten werden. Es braucht eine ordnende Hand. Es darf keinen Wildwuchs geben.

Ganz zum Schluss noch ein Zitat aus dem „Südkurier“ vom 16. Mai:

„CDU und FDP sahen dem Schulsterben mehr oder weniger hilflos zu. Jeder Versuch, die Hauptschule durch Umbau, Umetikettierung, oder „Qualitätsoffensiven“ zu retten, scheiterten.“

Die „Pforzheimer Zeitung“ schreibt:

„Stoch hat vorgelegt. Der Sozialdemokrat beweist Mut, nimmt Unpopuläres in Angriff.“

Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Glocke der Präsidentin)

Stellv. Präsidentin Brigitte Lösch: Herr Kollege Käppeler, gestatten Sie noch die Zwischenfrage der Abg. Kurtz?

Abg. Klaus Käppeler SPD: Nachdem meine Zeit abgelaufen ist, gern.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ihre Zeit ist abgelaufen!)

Meine Redezeit ist abgelaufen.

Abg. Sabine Kurtz CDU: Danke schön, Herr Kollege. – Ich möchte Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass zwischen dem Schuljahr 2004/2005 und 2011/2012 nahezu 400 Schulen geschlossen wurden, nämlich Grundschulen, Hauptschulen und Werkrealschulen.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abdal GRÜNE: Durch wen?)

Ich möchte Sie weiterhin fragen, ob Sie da so viel Geschrei im Land gehört haben wie jetzt,

(Abg. Martin Rivoir SPD: Wer schreit denn? – Gegenruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Die Opposition!)

Und ob Sie mir zustimmen, dass auch wir auf das Problem des demografischen Wandels verantwortungsvoll eingegangen sind, dass wir die Maßnahmen sehr verantwortungsvoll und im Konsens mit den betroffenen Kommunen und Schulträgern geleistet haben.

(Abg. Georg Wacker CDU: Und das ohne Vorgabe von oben!)

Ich bitte, wenn Sie sich diese Zahlen einmal vor Augen führen, um Verständnis, dass wir den Vorwurf, wir hätten jahrelang nichts gemacht, nicht länger auf uns sitzen lassen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Abg. Klaus Käppeler SPD: Ich weiß nicht, wo Ihre Handlung war, wenn diese Schulen gestorben sind.

(Abg. Sabine Kurtz CDU: Sie sind nicht gestorben!)

Sie haben weder die Hand gehalten, noch haben sie Sternehilfe geleistet. Diese Schulen sind vielmehr ausgelaufen; das ist richtig. Dass es kein Geschrei gab, beweist, dass niemand aufgestanden ist, dass ganz selten nur einmal eine Bürgerinitiative aufgestanden ist, um eine Hauptschule zu retten. Sie stellen sich aber hierhin und sprechen immer noch vom differenzierten Schulsystem, das so, wie es ist, erhalten werden soll. Das wir in der Fläche nicht gehen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Natürlich geht das!)

Frau Kurtz, auch Sie werden dies irgendwann einmal verstehen; da bin ich ganz sicher.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Sabine Kurtz CDU: Ich bin eben etwas langsamer!)

Rede zur Großen Anfrage der CDU „Haben die Schulen im ländlichen Raum noch eine Zukunft?“

Präsident Guido Wolf: Für die SPD-Fraktion spricht Kollege  Käppeler.

Abg. Klaus Käppeler  SPD: Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Pädagogik gibt es ein Wort, das Heißt: „Die Wiederholung macht´s!“. Aber daran zweifle ich heute. Vor fünf Wochen hatten wir hier im Parlament das Thema Schulschließung,

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD:  Das Gleiche erzählt!)

Eine von Ihnen beantragte Aktuelle Debatte. Heute ist es ein anderer Titel, aber die gleiche Debatte.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Kommt wieder! Jede Woche!)

Im Grunde genommen geht es Ihnen gar nicht um Schulschließungen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Endlosschleife! – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD:  Und täglich grüßt das Murmeltier!)

Ihnen geht es um den großen Rundumschlag, Gemeinschaftsschule, usw. Deswegen werde ich mich einigermaßen kurzfassen.

Ich gehe einmal auf Ihre Begründung Ihrer Großen Anfrage ein, Frau Kurtz. Da heißt es gleich in der zweiten Zeile, alles sei ideologisch motiviert. Das würde ich Ihnen gerne zurückgeben und sagen: Natürlich ist auch Ihr Ansatz, der der Dreigliedrigkeit, ideologisch motiviert.

Was ich vermisst habe – ich habe die Begründung genau durchgelesen -: Kein einziges Wort zum Rückgang der Schülerzahlen bzw. zu den Geburtenzahlen. Dann sagen Sie, die Gemeinde stünde unverschuldet und unvermittelt großen Herausforderungen gegenüber

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist Blödsinn!  – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD:  Meine Herren!)

und implizieren: Grün und Rot sind schuldig, dass in den Gemeinden plötzlich keine Geburten mehr da sind.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: An den Haaren herbeigezogen!)

Das ist eine ganz seltsame Logik, die Sie in Ihrer Begründung unterbringen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ein Blödsinn wird gesagt! – Zuruf: Genau so ist es!)

Die Bevölkerungsentwicklung konnten Sie den Zahlen entnehmen. Ich habe sie für meinen Kreis herausgesucht. Der Kreis Reutlingen ist ein ländlicher und städtischer Raum. Dort hatten  wir in den Grundschulen vor drei Jahren insgesamt 11.492 Schüler, rund 11.500 Schüler. Wir werden im Jahr 2020 noch 8.985, also gut 9.000 Schüler haben. Das sind in zwölf Jahren genau 2.507 Grundschüler weniger, oder ist umgerechnet ein Rückgang um fast 22%. Das sind die Fakten, die Sie irgendwann auch einmal zur

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Kenntnis!)

Kenntnis nehmen müssen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Genau!)

Wenn Sie uns da so hinstellen, Sie so schreiben, als wären wir die Totengräber der Schulen auf dem Dorf,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Unglaublich!)

dann sage ich Ihnen Folgendes: Sie werden Sich des Delikts der Unterlassenen Hilfeleistung schuldig machen, weil Sie früher nichts dazu getan haben.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD:  Der verschlafenen Hilfeleistung!)

Dann zu Ihrem Konzept der regionalen Schulentwicklungsplanung. Auch dazu haben Sie einen Satz geschrieben. Sie schlagen vor, dass die Beteiligten vor Ort einer geplanten Schulschließung zustimmen müssen.

(Zuruf von der SPD: Alle!)

Wenn das Ihr Konzept ist, dann veröffentlichen Sie das bitte einmal und lassen Sie das vom Städtetag, vom Gemeindetag entsprechend beurteilen.

(Abg. Sabine Kurtz CDU: Konsenzprinzip!)

So haben Sie es bisher schon gemacht. Sie haben nämlich abgewartet, abgewartet, nichts getan. Sie habe Sich aus der Verantwortung gestohlen und stehen jetzt hier hin und sagen uns, wie wir es zu machen haben.

Ein Letztes noch. Noch einmal zu den Zahlen. Das Gymnasium von Kollege Röhm – er ist im Moment nicht da – im ländlichen Raum hatte im vergangenen Jahr noch drei oder vier Klassen. Es hat jetzt eine Anmeldezahl, die dazu führt, dass er in der fünften Klasse noch zwei Klassen im Gymnasium hat.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So sieht es in seinem Gymnasium aus!)

Ich unterstelle Ihm nicht, dass es an der Pädagogischen Qualität liegt,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Na, na! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das ist Reutlingen!)

Sondern ich sage: Es liegt einfach daran, dass die Geburtenzahlen so massiv zurückgegangen sind. Damit müssen wir uns auseinandersetzen.

Vielen Dank!

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Soll er eine Gemeinschaftsschule draus machen!)